Samstag, 31. Mai 2014

Wo die Bus-Häuschen Schlange stehen: Eine Liebeserklärung an einen unentdeckten Ort: Sant' Elena.

Einer der zwei, drei Kanäle von Sant' Elena, die in den Park
der Biennale münden.

Der Stadtteil Sant' Elena, genau genommen eine Insel, liegt ganz im Osten von Venedig, dort, wo die Stadt wieder aufs Meer trifft, am Wasserweg nach Murano. Es ist nicht zu vergleichen mit dem flippig-chicen Dorsoduro, wo die Künstler wohnen. Auch nicht mit dem Durchlauf-Erhitzer San Marco, wo an manchen Tagen Gott-weiß-wieviele Venice-in-a-Day-Touristen durchgedrückt werden, von wem eigentlich? Nein, Sant' Elena ist 'was Ruhiges. Vor einer Woche, bei meinem ersten Landgang, war ich verblüfft: 

Der Park im Süden zwischen Anlegestelle Sant' Elena und dem Wohnviertel

Ein Park? In Venedig? Mit einem Flair, ein bisschen wie der Central Park. Breite, kurze Gassen. Kaum Menschen. Hohe alte Bäume. Stille. "E una confusione", sagt einer, dessen Boot neben meinem im Segelclub von Sant' Elena liegt und den ich frage, warum er hier in Sant' Elena und nicht im Zentrum wohnt. Als ich in Leo.org nachschlage, was denn "confusione" genau bedeutet, erhalte ich zwanzig verschiedene Bedeutungen. Alles. Nur nichts Angenehmes.


Es ist ein Ort, an dem die einfacheren Menschen leben. Die Fahrer der Wassertaxis ("Mafia", schimpft meine reizende Bekannte Delfina, Venezianerin, die auf der Giudecca lebt), die Steuerer der kleinen Lastkähne, nein, ohne die geht hier gar nichts, alles wird von ihnen herangeschafft. Oder weggebracht. Die Leute, die dieses riesige Museum Venedig am laufen halten. 


Die Bootsmechaniker haben hier ihre Werkstätten. Es gibt kleine Cafes hier, und kleine Läden mit meinem geliebten prosciutto crudo, aber zum Einkaufen muß man schon Zeit mitbringen, denn die beiden älteren Damen, denen der Laden zu gehören scheint, schneiden den Schinken in aller Seelenruhe, obwohl der Laden voll ist.


Und ja, das rote Gebäude: da haben die Leute ihre officina, die die Leuchttürme Venedigs im Dunkeln am Blinken halten.

Von der Marina des "Diporto Velico" Nach Norden, zur Actv-Werkstatt

Mein Schiff Levje liegt hier in der Marina des Segelclubs in Sant' Elena, eingezwängt zwischen der gleichnamigen Bettelordens-Kirche aus dem 12. Jahrhundert, die dem Stadtteil seinen Namen gab, dem Stadion des venezianischen Fußballclubs (aber viel ist da nicht los, Fußball in Venedig, wie soll das denn auch gehen?). Und eine große Actv-Werft ist hier. Dies ist also der Ort, wo Vaporetti und die großen Fähren (siehe das Bild oben) gewartet, betankt, repariert werden. Und wenn ich morgens von Levje mühsam auf den Steg klettere, weil die Flut, die "alta marea", mal wieder heftiger ausgefallen ist als gedacht, dann sehe ich die in einer Schlange stehenden gelben Vaporetto-Häuschen, die nur darauf warten, eine prominente Karriere vor Redentore oder Ca' Rezzonico zu beginnen.


Ich glaube, Sant' Elena ist ein Ort, an dem ich leben könnte, hier in Venedig.









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