Mittwoch, 18. Juni 2014

Menschen am Meer: Vittorio, Bewohner von den Tremiti-Inseln

Die verregnete und etwas windige Nacht verbrachten wir am Fähranleger von San Nicola. Der Wind hatte natürlich Nachts auf Nord gedreht, Schwell vom Meer stand herein, ich stand öfter auf, um zu sehen, ob Levje's Anker auch hielt. Mit dem eigenen Boot auf den Tremiti-Inseln ist nicht einfach. Einen richtigen Hafen gibt es nicht.


Gegen sieben weckte mich ein roter Klein-Traktor, so einer, der die Ladefläche hinter sich herzieht. Er kam die steile Straße aus der Festung heruntergeröhrt. Ein Mann mit Cowboyhut saß drauf, er röhrte mit dem Traktor auf die Pier, röhrte an Levje vorbei, röhrte wieder zurück. Er hatte es geschafft. Jetzt war ich wach.



Das ist Vittorio. Der Traktor gehört ihm. Er lebt hier auf San Nicola, seit er hier geboren wurde. Weg von den Inseln war er nur ein Mal so richtig, während des zweiten Weltkriegs. Da war er ein Jahr in Davos, das hat ihn alles sehr beeindruckt. Er schleppte dort Koffer in Hotels und wieder raus. Und er schwärmt noch heute, wie reich die Menschen dort waren.


Vittorio ist 77 Jahre alt. Er wohnt oben in der Festungsstadt. Jeden Tag, bevor um 8 Uhr die Fähre kommt, fährt Vittorio mit seinem Gefährt die steile Straße herunter. Vittorio wartet auf Gäste, deren Koffer er nach oben in die Stadt transportiert. Aber die meisten Gäste bleiben drüben in San Domino, wo die Hotels und Pensionen und Restaurants sind. Und wo auch die großen Fähren anlegen. Nach San Nicola kommen nur Tagesausflügler. Trotzdem ist Vittorio vergnügt. Mit den Fischern wechselt er Scherze, deftige Zoten, soweit ich verstehen kann.



Als es wieder zu regnen beginnt, greift Vittorio nach hinten auf seine Ladefläche, angelt das große Brett hervor, das man auf dem Foto sieht, deckt seinen Sitz damit ab. Und geht zur Bar, um seinen Cafe zu trinken.


Das Leben kann schon einfach sein, mit 77.








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