Was passiert, wenn man einem Menschen die Frage nach dem Schlüsselerlebnis seines Lebens stellt?
Welche Antworten bekommt man? Kindheitserlebnisse? Berufliche Erfolge? Welche Erlebnisse machen ein Menschenleben aus?
Zwischen Mai und Juli 2021 stellte ich diese Frage einer außerordentlichen Gruppe Menschen. Ich stellte sie Leuten, die in ihrer Freizeit andere Menschen vom Berg holen, die nicht mehr weiter können. Bergretterinnen und Bergrettern. Die, wie einmal ein Rezensent schrieb, das Rennen gegen die Zeit und für das Leben aufnehmen. Ganz jungen Rettern mit 23. Und ganz alten Hasen. Ihre Antworten und vor allem: Ihre Erlebnisse kann man hören in meinem jetzt erschienenen Hörbuch DER EINSATZ MEINES LEBENS.
Wieso schreibe ich als Segelbuchautor darüber? Was fasziniert mich an diesen Menschen?
Ich mag spannende Abenteuergeschichten, die in der Natur spielen. Geschichten, die sich um die Auseinandersetzung mit der Natur drehen. Ich mag Naturschilderungen, wie man sie von Karl May kennt (den ich immer noch sehr schätze) und in John Krakauers INTO THE WILD findet - der Geschichte eines Aussteigers, der sich in die Weiten Alaskas zurückzieht. Und in der Wildnis in einem abgestellten Omnibus zugrunde geht, weil er den Weg zurück längst verloren hat. In meinen Geschichten finden die Menschen ebenfalls den Weg aus der Natur nicht mehr. Ein unscheinbarer Berg in den Ammergauer Alpen, die Notkarspitze, an dem jedes Jahr Menschen verschwinden und wenn überhaupt, erst nach Jahren und Jahrzehnten entdeckt werden. Ein Mann, der sich im dreitägigen Schneetreiben in einem harmlosen Skigebiet verirrt und gegen alle Wahrscheinlichkeit gerettet wird, weil ein Bergretter im Himalaya genau dies am eigenen Leib erlebt hatte. Ein alter Bergwachtler, der am Tag seines Rentenbeginns eine Piste abfährt, die er Hunderte Male fuhr und von einer Lawine erfasst wird, den ausgerechnet seine 23 Kollegin ausgräbt.
Meer und Berge sind für mich zwei Seiten einer Sache. Wer segelt, tut dasselbe wie einer, der in die Berge geht. Er begibt sich aus dem gesicherten Raum in die ursprüngliche Natur. Es hat mich immer wieder fasziniert, dass ich bei meinen Gesprächen und den Wanderungen mit Bergrettern immer wieder Menschen gegenübersaß, die von Kindesbeinen an mit den Bergen vertraut sind. Die auf dem schmalen Kamm des Jubiläumsgrates an der Zugspitze oder am Watzmann an Abgründen in Rekordzeit entlangtänzeln, um ein Leben zu retten. Die jedoch, wenn ich berichte, dass ich einhand quer durchs Mittelmeer gesegelt bin, erblassen mit dem simplen Ausruf: "Auf dem Wasser? Da kann ich mich ja nirgendwo mehr festhalten".
Der zweite Grund: Mich faszinieren die Fehler, die wir Menschen machen. Woher sie kommen. Denn egal ob am Berg oder auf dem Meer: Die Ursachen für menschliche Fehlentscheidungen sind immer die gleichen. "Der Mensch macht die Fehler, nicht der Berg", sagt Reinhold Messner. Und das gilt genauso fürs Meer. Es ist fast immer Selbstüberschätzung. Oder ein Verkennen der Situation. Oder ein nicht richtig einschätzen der eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Eine Tatsache, vor der kein Mensch gefeit ist, weder ein erfahrener Bergführer, der erzählt, wie er in meinem Buch in Lawine gerieten. Erst recht nicht wir Normalos. Und Staatenlenker offensichtlich dreimal nicht.
"Research ist immer Me-Search", sagte mir einer Interviewpartner für mein Bergretter-Buch, die ich interviewte, um den menschlichen Fehlern auf die Spur zu kommen.
Was passiert, wenn man einem Menschen die Frage nach dem Schlüsselerlebnis seines Lebens stellt?
Hören Sie doch einfach rein! Ich möchte für meine Leserinnen und Leser wöchentlich auf marepiu Tracks und Tonspuren aus meinem Buch und dem Hörbuch veröffentlichen. Hier einfach reinhören. Heute Folge 1.
PS: Vom Erlös dieses Buches und des Hörbuchs spenden wir wie schon beim ersten Buch 25% an die Bergwacht. Ich weiß, wir haben alle gerade andere Sorgen. Was immer geschieht: Ich möchte die Guten unterstützen.