Donnerstag, 2. Juli 2015

Heute in Griechenland, Teil 1: Was Aristoteles Onassis sagen würde.



Unterdessen hatte ich Kreta erreicht. Die grüne Ostseite, der Palmenstrand bei Vai waren die ersten Dinge, die ich von der grünen Insel sah.


Seit etwa 10 Tagen liegt LEVJE in Agios Nikolaos, einem Ferienort an der Nordseite der Insel. Durch die Straßen der Stadt flanierten Menschen, die Agios Nikolaos aufgesucht haben, um hier Urlaub zu machen. Ältere, Jüngere, Eltern mit Kindern, die meisten von Ihnen mit einem bunten Plastik-Armbändchen ums Handgelenk, ein Eis in der Hand, Gäste der "All-inclusive"-Hotels, die es in und um Agios Nikolaos zuhauf gibt. Vor zehn Tagen: da war die Welt noch in Ordnung, augenscheinlich. Die Restaurants um den kleinen Kratersee, der mitten im Ort wie ein tiefblaues Auge liegt, waren gut besucht, wenn auch vielleicht etwas weniger als in den Jahren zuvor. Am Strand neben der Marina wurde ein Beach-Volley-Ball-Turnier ausgetragen bei Lounge-Musik. Laissez-fair 2015.



Gestern hat - wie überall in Griechenland  - auch in Agios Nikolaos eine merkwürdige Abstimmung stattgefunden: Dem Wortlaut nach darüber, ob die Bevölkerung ein Angebot aus dem Ausland annehmen sollte, das gar nicht mehr auf dem Tisch war: Weiteres Geld gegen Reformen: Ja oder Nein. Nai oder Oixi.

Eigentlich ging es um viel mehr und doch zugleich um nichts: Das viel mehr, um das es ging, ist: Wollen 10 Millionen Griechen weiter einen sehr schmerzhaften Weg innerhalb einer wirtschaftlichen Gemeinschaft gehen, mit all den Verpflichtungen und, ja: "Verbindlichkeiten", die zum Leben in einer Gemeinschaft gehören? 
Oder wollen 10 Millionen Griechen lieber einen mindestens ebenso schmerzhaften, aber etwas eigenständigeren Weg gehen?
Fühlen sich 10 Millionen Griechen von einer Regierung, die diese "Hopp oder Topp"-Situation herbeigeführt hat, gut vertreten?
Fühlen sich 10 Millionen Griechen in einem Europa, dessen Grundlage im Vertrag von Maastricht dieses "Wir geben Geld gegen Reformen und die Einführung internationaler Standards" formuliert, gut aufgehoben? 

MARE PIU hat sich bisher unpolitisch und überparteilich verstanden. Was aber in den nächsten Tagen in Griechenland geschieht, könnte ein Wendepunkt in Europa sein, eine Grenze, an der ein Zeitabschnitt, den man historisch "Epoche" nennt, sichtbar für alle ein Ende nimmt. Ein Zeitpunkt, an dem alle Beteiligten ein " So geht es jedenfalls nicht weiter" einsehen; die Bevölkerung Griechenlands, dass sie etwas etwas anderes möchte als international anerkannte, aber erdrückende Standards; die Bevölkerung Europas, dass es mit der großen, anerkannten Idee von Europa so nicht weitergeht, wenn sie sich nur darin erschöpft, Geld in Kreisläufe zu pumpen, in denen es nirgendwo Nutzen stiftet und einfach - versickert.

Kein Geld zur Verfügung zu haben, ist schlimm. Viel Geld zur Verfügung zu haben, kann noch weit schlimmer sein. Wer die letzten Jahre mit offenen Augen durch die griechische Inselwelt segelte, Häfen ansteuerte auf dem Peloponnes, auf Rhodos oder auch auf kleinen Inseln, der konnte oft kopfschüttelnd sehen, dass "unbegrenzt Geld haben" überhaupt kein Allheilmittel ist, um eine Wirtschaft, ein Land in Gang zu bringen. Bauruinen an vielen Orten. Verfallende Rohbauten zuhauf. Marina-Großprojekte und Kai-Mauern, die brandneu fertiggestellt einfach verrotten. "Wer glaubt, man könne mit Geld alles erreichen, der hat nie welches besessen", diktierte Aristoteles Onassis, Grieche von Geld, vor nicht einmal 40 Jahren in die Feder eines griechischen Journalisten.

Was bedeutet die Situation in Griechenland und für die Griechen? Was bedeutet es, wenn die tägliche Summe aus dem Geldautomaten hart rationiert ist, wenn man vielleicht - gar nichts mehr ziehen kann, obwohl doch auf dem eigenen Konto etwas ist? Wie sieht es aus in Griechenland?

In einem meiner früheren Posts schrieb ich über die Angst und das alte Rezept meines Freundes David, als wir zu zweit die einsamen Bergkämme der Toskana entlang wanderten: "Wenn's vor dem Zelt raschelt: einfach raus, Und nachsehen gehen." 

                                                                       Weiterlesen bei: Reden wir mal über: Die Angst. Hier.

Ich habe mich heute auf den Weg gemacht nach Kreta. Der Anlaß ist natürlich Sorge um mein Boot, um LEVJE. Aber auch, wie es den Menschen, die ich in Agios Nikolaos kennen- und schätzen gelernt habe, ergeht. Ich fahre hin, um Nachsehen zu gehen. Ich weiß nicht, was mich erwartet. 

Aus aktuellem Anlaß werde ich täglich hier auf MARE PIU über das schreiben, was ich sehe, was ich in Begegnungen mit den Menschen auf Kreta erleben werde.

Heute in Griechenland.





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