Donnerstag, 23. Oktober 2014

Menschen am Meer: Canan, 17.



In Ekincik am Strand treffe ich Canan. Canan (wie immer im Türkischen wird das "C" wie "Dsch" gesprochen) ist 17, ein fröhlicher Teenager, der mich anspricht, während ich am späten Nachmittag mein kleines Dinghi den Strand hinauf ziehe. Sie plappert so munter darauf los, dass ich zunächst denke, sie sei die Tochter des hiesigen Tavernenwirts, die mich in ein Gespräch verwickelt. Und unser Gespräch würde unweigerlich nach zwei Minuten ins Überreichen der Speisekarte münden. 

Tut es aber nicht. Canan hat das Wochenende mit ihrer Familie hier am Strand verbracht. Sie liebt es einfach, Englisch zu sprechen. Und da ich gerade als einziger am Strand stehe, mein Dinghi in der Hand und so aussehe, als spräche ich leidlich Englisch: voilá.

Canan hat noch alles vor sich. Sie wächst in einer muslimischen Familie auf, und noch geht sie zur Schule. Aber sie träumt davon, richtig gut Englisch zu lernen, vielleicht sogar einmal in den Ferien nach England zu gehen, um dort richtig Englisch zu lernen. Ich wünsche Canan, dass sie das schafft. Und ihren Traum von England wahr machen kann.



Und während der Muezzin ruft und ich nach unserem dreiminütigen Gespräch wieder allein in der Abenddämmerung am Feuer sitze und zusammen mit den hiesigen Katzen nachdenklich in die Flammen und in die Bucht von Ekincik schaue, fällt mir ein, was mir Eda, Unternehmensberaterin aus Istanbul, über ihr Land sagte: "Die Türkei ist nicht Europa. Die Türkei ist auch nicht Asien. Sondern etwas dazwischen." Damit hat mir Eda, die in USA studierte, den Schlüssel zum Verständnis ihres Landes in die Hand gegeben. 

Hoffen wir, dass dieses Land, das nicht Europa und auch nicht Asien ist, seinen schwierigen Weg zwischen den Polen zu einer eigenen Identität finden wird.

So wie Canan.














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