Dort, wo der Kanal von Lefkas durch die Salzmarschen beginnt und Lefkas zur Insel macht, liegt die Festung Agia Mavra, italienisch Santa Maura. Fast alle Segler benutzen den Kanal nach Lefkas, er ist ein Erlebnis. Aber meistens ist man genau hier ziemlich gestresst. Der Wind weht böig, das Warten, bis die Drehbrücke einmal stündlich öffnet, ist nur bedingt gemütlich. Die Augen sind auf die Drehbrücke gerichtet. Genau wie die der vorbeifahrenden Autofahrer.
Der Kanal durch die Salzsümpfe ist alt, älter als wir denken. Vermutlich haben ihn korinthische Händler um 800 vor Christus graben lassen. Die Römer fanden es klasse, statt mit ihren dickbauchigen Amphorenschiffen das stürmische Meer zu befahren, einfach den sicheren Kanal entlang zu treideln.
Die Festung Santa Maura bewacht den Kanal. Und den Zugang zum Hauptort der Insel, Lefkas. Sie tut das seit etwa 1300, als fränkische und angevinische Ritter die erste Burg erbauten. Dann Venezianer. Dann die Türken, fast 200 Jahre: sie eroberten Lefkas als einzige der westgrieichischen Inseln. Bauten die Festung aus, legten Wasserleitungen, errichteten im weitläufigen Gelände der Festung drei Moscheen. Bis die Venezianer Santa Maura 1684 zurückeroberten und den Ort gegen die Türken mit Wehrgängen, Bastionen, Rundtürmen uneinnehmbar zu machen trachteten. Die Kanonen der Venezianer aus diesen Jahren um 1700 liegen überall in und um die Festungsmauern herum verstreut.
Nach dem Ende der Serenissima Republicca 1797 durch Napoleon: nichts mehr. Ein lautloses Vergehen und Verwehen, nur unterbrochen durch ein paar italienische Fliegerbomben während des Angriffs auf Griechenland 1942. Ein Ort für sich. Hätten nicht, ja: hätten nicht die Venezianer eine der drei türkischen Moscheen, die als christliche Kirche vorher bereits Santa Maura geweiht war, erhalten. Und sie wieder Santa Maura zurückgegeben.
Die kleine Kirche liegt ganz versteckt, in einem entlegenen Winkel der Festung. Der Ort ist so zauberhaft, dass ich ihn am folgenden Tag ein zweites Mal aufsuchen muß. Man betritt die Kirche durch den Zugang oben und muß aufpassen, dass man mit dem Kopf nicht eine der Glühbirnen streift, die niedrig hängen. Im Inneren dies:
Die im Wind wehenden roten Vorgänge des Hochaltars mit seinen Geheimnissen dahinter. Die knarrenden Angeln der schief hängenden Holztüren. Die dünnen Bienenwachskerzen, die noch kein Beter entzündet hat. Ein Holztisch mit Wachstuch-Decke in einem Winkel. Ein paar Plastikflaschen mit Weihwasser. Die leise im Wind schwingenden Leuchter.
Und das eine Auge, das alt, weise und wissend um die Dinge der Welt von der Mitte des Altars auf alles blickt, alles sieht:
Hat hier alles schon stattgefunden? Oder wird es erst sein? War es? Oder kommt es erst? Wir wissen es nicht. Nur dies: Zeit ist unbedeutend, hier in Santa Maura.
Wo liegen eigentlich Lefkas und Santa Maura?
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