Natürlich fallen dem, der nach Termessos kommt, diese Zeilen ein. Und bleiben wie ein Ohrwurm, während man durch die Trümmer von Tempeln, Türmen, Toren schreitet:
"My name is Ozymandias, King of Kings.
Look on my works, ye mighty, and despair!"
"Seht, was ich schuf, Ihr Mächtigen, und verzweifelt!" Der englische Romantiker Percy Bysshe Shelley schrieb dies um 1820 herum, als die tonnenschwere Kolossalstatue von Ramses II. London erreichte. Und zum allerersten Mal der Öffentlichkeit einer Industrienation präsentiert wurde, was vergangene Kulturen wie die Ägypter an Gewaltigem zu schaffen in der Lage waren. Kann es sein, dass es vor unserer Zeit Zivilisationen gab, die noch Perfekteres geschaffen hatten als wir? Von dem doch nur Trümmer blieben?
Wer die lange Bergstraße hinauf vom Meer auf über 1.000 Meter Höhe erklimmt und die Ruinen von Termessos erreicht, ist verblüfft.
Eine einstmals perfekte Welt liegt da, in ihren Ausmaßen und ihrer Perfektion heute noch erkennbar, ahnbar. Ein Amphittheater liegt da, man blickt von der Höhe hinunter auf Antalya. Fast meint man, die Bewohner von Termessos hätten es hier errichtet, um hinunterspucken zu können auf die Stadt, die Attalos von Pergamon um 200 vor Christus gründete und die heute noch nach ihm heißt. Aber Attalos waren Sie nicht gram, die Termessier, er ist, glaubt man den alten Schriftstellern, einst in den Mauern von Termessos auf ihrer Prachtstraße, dem Königsweg geritten. Was nicht jedem vergönnt war. Alexander der Große zum Beispiel, dem lebenslang nur wenig an Zielerreichung versagt blieb. Der bei Belagerung von Termessos zwei Generäle verloren und danach das Unternehmen abgebrochen haben soll mit der Begründung: "Ich lasse meine Armee nicht vor einem Adlernest verbluten."
Termessos widerstand ihm, wie lange Jahrhunderte den Persern, die das Gebiet der heutigen Türkei um 600 vor fast vollständig unterworfen hatten. Termessos war uneinnehmbar: Auf einem Gebirgssattel liegend, ein lange besiedelter Platz. Termessos wurde nicht eben mal so erbaut. Vermutlich dauerte es es über ein Jahrtausend, bis die Stadt aus Stein mitten im Gebirge aussah wie zu ihrer Blütezeit kurz vor und nach Christi Leben. Eine Bergfestung, klug angelegt, gesichert durch Abgründe und Mauern, die heute noch stehen. Wasser, ohne das kein Leben möglich ist, sammelten die Termessier in riesigen Zisternen: Schluchten, Kavernen, die die Baumeister der Termessier oben am Abhang mit Gewölben überdachten. Und die heute noch vorhanden sind.
Termessos. Drei mächtige Schläge mit harter Faust auf einen Tisch. Teller scheppern. Gläser fallen um. Besteck liegt durcheinander.
Was von Termessos heute noch übrig ist, sieht genaus so aus, als hätte dies stattgefunden: Eine Riesenfaust, die dreingeschlagen hat. Die Gebäude aus fugenlos zusammengesetzten Steinblöcken einknicken, mannshohe Säulen, meterdicke Steinquader einfach durcheinander purzeln ließ wie Bauklötze. Eine blühende Stadt, zerstört in einer handvoll Sekunden. Warum die prächtige Stadt danach aufgegeben, nicht wieder aufgegebaut wurde, ist unklar, ein Rätsel. Lauschen wir einfach weiter Shelley:
"Nothing beside remaines. Round the decay
of that colossal wreck, boundless and bare,
the lone and level sands stretch far away."
Percy Bysshe Shelley, Dichter, Romantiker, schrieb diesen Zeilen. Er war 30 Jahre alt, als er mit seinem Boot vor dem toskanischen Archipel in einen Sturm geriet. Er starb am 8. Juli 1822 auf diesem Segeltörn vor Viareggio.
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