Jeden Samstag ist großer Markt in Finike. Die Segler, die neben LEVJE im Hafen von Finike überwintern, freuen sich auf den Samstags-Markt. Am Samstag lassen sie Schiff einfach Schiff sein. Unterbrechen ihre Frühjahrs-Arbeit, das Streichen des Niedergangs, das Schleifen an alten und neuen Holzteilen, das Schwätzchen auf der Pier. Und freuen sich einfach, auf den Markt zu gehen. Denn schließlich ist in der Marina von Finike jeden Sonntag um 13 Uhr im PORTHOLE, dem Aufenthaltsraum für Segler, das große Barbecue. Die Zutaten, seine Mitbringsel: kauft man am Samstag. Auf dem großen Markt.
Der große Markt von Finike verblüfft zunächst mal. Türkische Händler sind wahre Ästheten, was das Präsentieren ihrer Sachen angeht. Jedenfalls die Händler von Finike. Feinsäuberlich stapeln, schlichten, sortieren, trennen, separieren sie die Dinge, die sie anbieten. Lassen Endividien-Köpfe stramm stehen in Reih und Glied vor General "Kunde". Verkaufen, das lernt man wieder einmal hier, hat zuallererst damit zu tun, wie man aussehen läßt, was man verkaufen möchte. Und die Händler von Finike geben sich große Mühe damit.
Zumeist sind es natürlich Obst und Gemüse, was die Händler anbieten. In der ganzen Ebene südlich von Antalya, um Finike herum, werden Orangen, Mandarinen und allerhand sonstiges Grünzeug angebaut. Kumluça, wenige Kilometer von Finike entfernt, preist sich als Anbauort von Tomaten und Orangen. Der Orangensaft, der "Portakal Suyu": er schmeckt hier ganz anders als manch saures Zeug, was oft bei uns als Orange aussehend und "Frisch gepresst" landet.
Wenn man mit dem Flugzeug in Antalya landet, ist es ähnlich wie auf Gran Canaria, Tausende Seemeilen weiter westlich: dann sieht man die ganzen Plastik-Gewächshäuser rund um die Riesenstadt Antalya herum. Es wimmelt nur so von Gewächshäusern. Selbst in, auf, und um die antiken Ruinenstädte von Myra und Limyra sind Gewächshäuser errichtet, "Antike unter Tomatenzucht", man trifft sie hier im Süden überall. Wieder einmal beeindruckt mich die Türkei. Es ist soviel Ehrgeiz, soviel Wille erkennbar, die Dinge, die Zukunft in die Hand zu nehmen.
So streife ich über den großen Markt. Kann mich nicht satt sehen an all den Farben, die die Händler da geschickt präsentieren. Wüßte ich es nicht besser: würde ich sagen, jeder von Ihnen hat eingehend sein Handbuch gelesen, "Besser verkaufen." Irgendwie sind sie einfach geborene Händler, die Türken auf dem großen Markt von Finike.
Und während ich herumstreife, erliege ich meiner Schwäche fürs Essen, die sich in hemmungsloser Neugier äußert: Für die Nüsse, die auf dem Markt vor aller Augen frisch gebrannt werden und die man heiß in ein Tütchen gefüllt bekommt.
Für den bröseligen Käse, der geflochtenen Körben kommt. Hunderterlei verschiedene Käse, die vor meinem Augen defilieren.
Mein Widerstand schwindet. Ich kaufe hier ein paar Zucchini. Dort Tomaten. Dann drei Forellen, noch lebend aus dem Tank. Dann muss ich den bröseligen Käse am blaurotweißen Stand probieren. Endgültig setzt mein Hirn aber aus, als ich zwei Stände mit meiner Leidenschaft entdecke: Helva. Körniger, zuckersüsser Sesamzeug-Nachtisch. Den ich jetzt NICHT im Foto wiedergebe.
Helva pur!
Helva mit Pistazien!!
Helva mit Schokolade!!!
Dicke Stücke lasse ich mir von Ahmed schneiden, die Unvernunft eines Kindes, das den geheimen Weg in die Marmeladenkammer gefunden hat. Dabei mag ich sonst eigentlich nichts Süßes.
Mit gefühlten 25 Tüten bin ich schon fast auf dem Heimweg, als ich in der Ecke des Marktes drei Stände entdecke. Gözleme. Türkische Pfannkuchen. Wollte ich schon immer mal probieren.
An seinem Stand empfängt mich Ibrahim. Seine Frau und eine Helferin backen dort die verschiedenen Gözleme auf einem heißen Blech. Die Helferin hat ein langes Holzstäbchen. Damit rollt sie die Gözleme aus. Faltet sie. Und übergibt die rohen dünnen Teigscheiben gefaltet an Ibrahims Frau, die am Herd sitzt. Zum Ausbacken. Solche mit Fleisch und Käse. Andere pur. Wieder andere sind mit Grünzeug gefüllt, Petersilie, Sellerie-Stückchen.
Währenddessen geht es mir mit Ibrahim so, wie es mir als Segler im Winter in Finike oft ergeht: Ich spreche mein Gegenüber mühsam türkisch radebrechend an. Und erhalte eine Antwort auf Deutsch. Es waren schon ulkige Antworten dabei. Die beste, vor Jahren, typisch, als ich einen sehr türkisch aussehenden Türken fragte, woher er so gut Deutsch könne, lautete: "I han siebe Johr beim Daimler gschafffft."
Ibrahim war nicht beim Daimler. Aber in Deutschland war auch er. Ging 1980, mit Zwanzig dahin. Arbeitete als Küchenhilfe, als Kellner. Als ich frage, wo, sagt er: ob ich München kenne. Als ich bejahe, stellt sich heraus, dass Ibrahim lange Jahre im Nachbarort kellnerte, in dem ich aufgewachsen bin. Vielleicht bin ich Ibrahim mal im Biergarten begegnet, in dem er arbeitete. Vielleicht standen wir gemeinsam in irgendeiner Schlange an der Kasse. Vielleicht hat er sich gefreut, über einen gemeinsamen Augenblick. Eine Begegnung. Vielleicht hat er sich geärgert, weil ich unachtsam war.
Vielleicht hat ja auch XING, das große Netzwerk recht, das behauptet: "Jeder ist mit jedem bekannt." In XING kann man einfach einen irgendeinen Namen eingeben: Und schon zeigt einem das Netzwerk, dass es tatsächlich nicht mehr als zwei gemeinsame Bekannte braucht, über die man sich kennt.
Vielleicht liegt ja auch darin der Reiz auf dem großen Markt von Finike. Zu verstehen, dass wir zwar Fremde sind. Aber doch Gemeinsamkeiten haben. Bis hin zu einem Moment, den wir mal miteinander teilten.
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