Dienstag, 31. März 2015

KEIN GANZ NORMALER TÖRN, letzter Teil: Was bleibt.


Und? Was bleibt?
Was bleibt von dieser Reise?
Was macht eine Reise wert, dass sie getan wurde?

Es gibt viele Antworten darauf, warum diese Reise KEIN TÖRN WIE JEDER ANDERE war. 

Natürlich: ist da die Jahreszeit, in der kaum ein anderer Segeln geht. In diesen 10 Tagen sind uns vielleicht zwei, drei Segler draußen auf dem Meer begegnet. Es ist keine Jahreszeit, um urlaubsmässig herumzuschippern.

Natürlich: ist da das Revier, der Golf de Lion, der eben kein "normales Stück Wasser" ist, als das Marc es gerne sähe. Sondern etwas bösartiger, wie mir der stellvertretende YACHT-Chefredakteur Uwe Janßen während des Törns teilnehmend in einem Mail schrieb. Der Wetterbericht für diese Woche: er sagt alles.


Und natürlich: ist unsere Crew eben auch auch keine normale Crew. Natürlich sind unsere Mitreisenden auch einfach Menschen, die sich auf eine gelungene Urlaubsreise freuten. Das auch. Aber sie sind auch Menschen, die bereits in jungen Jahren durch eine schwere Krankheit gehen mußten. Und jetzt ihren Weg zurück in die Normalität des Lebens gehen. Und doch verändert sind - was eben jene Sicht auf das angeht, was ein "normales" Leben ist.

Mit dieser Reise hat sich mein Blickwinkel verändert auf das, was ein normales Leben ist.

Oder ist es vielleicht so, dass dies andere, was ich in diesen 10 Tagen erlebte: Stürme, einzigartige Wellen, schlimme Krankheiten und angsteinflössende Klinik-Therapien das Normale sind? Das, was wir im Gelärme dessen, was wir unseren Alltag nennen, einfach ausblenden? Im großen Wunschkonzert, das unser Dasein ist, einfach wegdrücken?

Irgendwann in diesen letzten Tagen saßen wir zusammen. Und ich habe die Frage gestellt: Was nehmt Ihr mit, von dieser Reise?

Lassen wir einfach die Mitsegler sprechen, was Sie über diesen Törn denken.

Anna sagt: 
"Es ist unglaublich faszinierend, mit Menschen zusammen zu sein, mit denen man sonst kein Wort wechseln würde. Mit denen man sich hier wortlos versteht. 
Es ging auf dieser Reise unglaublich schnell, mich zu öffnen. Und Gefühle in Worte zu fassen. 
Gut war auch, zu sehen, wie andere mich sehen: "Du bist so in Dir ruhend, ruhst so in Dir selbst." 
Auf der Reise selbst habe ich die große Erkenntnis, die große Weiternetwicklung nicht gewonnen. Denn eigentlich weiß ich: wo ich hin will."


Hauke sagt: 
"Ich habe mir in meinen Unterarm ein Tattoo machen lassen: "Vergiss nicht zu leben." Remember, that you are alive.
Was ich mitnehme: 'Schau in Dich rein. Was macht Dich eigentlich glücklich?'"


Andrea sagt, was sie mitnimmt:
"EUCH! In meinem Herzen. Es war alles so geballt, so aufwühlend wie das Meer um mich herum. Es wurden unwahrscheinlich viele Emotionen geweckt. Ich musste aufpassen, dass keine Träne kommt. Ich konnte hier auf diesem Törn so viel heulen wie in den ganzen zwei Jahren nicht. Ich habe das Meer mit meinen Tränen gefüllt." 


Susanne sagt: 
"Dass ich Menschen begegnet bin, die mich berührt haben. Ich habe in dem halben Jahren nach der Radiotherapie nur geheult. Ich habe den Druck rausgelassen. Ich habe alles wegfliessen lassen. Ich habe mir verordnet: Weine, weine, weine. Danach: Lebe."
(Susanne zu Andrea:) "Für Dich war es genau das Richtige, hier weinen zu können. Vielleicht war das für Dich so wichtig, wie für mich ein Mensch, der mich wieder klar gemacht hat im Kopf.
Wir werden erst in ein, zwei Jahren erkennen, was wirklich wichtig war.
Alle Menschen tragen alles in sich. Alles Wissen ist schon da, in uns. Es war einfach wichtig, alles auszusprechen. Um dies Wissen herauszuholen.
Es war mit das tollste Erlebnis: dass wir es schaffen, uns zu berühren. Als Menschen. Gegenseitig. Und uns selber. Auf einmal kam das raus. 
Und so tolle Sachen: Hauke. So viele weise, schlaue Sachen, die Du gesagt hast."


Und wie geht es mir?
Der ich versuchte, neben dem Co-Skipper auf dieser Reise nur eines zu sein: ein unvoreingenommener Beobachter und Chronist dessen, was ich erlebte, hörte, sah? Ob mich diese Reise verändert hat: das weiß ich nicht. Aber die Menschen, mit denen ich auf dieser Reise war, ihre Gesichter, Stimmen, ihre Worte: die werde ich nicht vergessen.

Was bleibt?
Was bleibt von dieser Reise?
Was macht eine Reise wert, dass sie getan wurde?

Natürlich das Meer. Die beeindruckenden Natur-Erlebnisse, die ich in den vorangegangenen Posts beschrieben habe. Das ist das Eine. 
Das Andere: Dass einen Menschen berühren. Mit dem, was sie zu sagen, zu erzählen haben. 
Und vielleicht ist dies "sich berühren" etwas ebenso Wichtiges, Elementares, wie es auch das Erleben des Meeres für uns ist, aus dem wir stammen. Für beides gilt: 
"... als würde in uns eine Taste gedrückt. Und ein uraltes, in uns einprogrammiertes Programm beginnt zu laufen."



Für diese Reise Special Thanks to:
Marc, der mit seiner Idee der SEGELREBELLEN etwas großartiges in die Welt gesetzt hat, eine Institution für wunderbare Begegnungen ins Leben gerufen hat.
Felix. For sharing good moments.
Anna, Andrea, Susanne, Hauke, Jo: for being here.




Marc blogt über diese Reise zeitgleich auf seinem Blog SEGELREBELLEN.


                                                                                                                                                   
                                                                         Weiterlesen bei: Der Anfang dieser Geschichte. Hier.
                                                                         Weiterlesen bei: Über den Golf de Lion. Hier.
                                                                         Weiterlesen bei: Segeln mit Nichtseglern. Hier.
                                                                         Weiterlesen bei: Von Barcelona nach Mallorca. Hier.


2 Kommentare:

  1. Beim Lesen dieses abschließenden Berichts über einen außergewöhnlichen Segeltörn hatte ich Gänsehaut. Die Idee der Segelrebellen finde ich großartig.
    Liebe Grüße
    Rita K.

    AntwortenLöschen
  2. Ein tolles Projekt und ein schöner Bericht. Die Reise muss ein echtes Abenteuer gewesen sein.
    An manchen Stellen frage ich mich dennoch, ob der Bericht nicht auch ohne die intimen Details glänzen kann. Bei uns in Kroatien war der Wind die letzten Tage auch im Bereich um 8-10 Bft - mit dem Löwengolf können wir locker mithalten :)

    AntwortenLöschen