Ich weiß sehr wohl, dass ich gerade etwas lebe, wovon viele Menschen träumen, denn ich habe selbst lange Jahre davon geträumt, einmal längere Zeit auf dem Meer unterwegs zu sein, und sei es auch nur für sechs, sieben Wochen. Kurz alles hinter sich lassen.
Aber: Kann man das? Darf man das? Und wie ist das jetzt?
Hier mein Resümee:
Weiterlesen bei: Einhand unter Segeln. Wie man richtig ankert. Hier.
Weiterlesen bei: Ankermanöver im Gewitter. Hier.
6. Das empörendste Verhalten bei mir?
1. Der beste Satz über die Kunst zu leben?
"It's difficult to keep things in balance."
Stammt von Brian, 68, seit 12 Jahren die Sommer segelnd in Griechenland verbringend. Eigentlich auf die Frage, wie er es schaffe, seit ebenso langer Zeit mit drei Partnerinnen in regelmäßigen Wechsel zusammenzuleben. Und die kennen sich alle.
Weiterlesen bei: Von Menschen und von Schiffen. Die vernachlässigten Boote. Hier
2. Das überflüssigste Verhalten an Bord?
Das Haar in der Suppe suchen. Und finden.
Kleinigkeiten zum Wichtigen erheben: Will sagen: die Bucht ist herrlich. Das Wasser so blau, blauer gehts nicht. Aber: Im Kaffee ist leider zu viel Milch. Es ist zu heiß. Es schaukelt zu sehr.
Ist das Glas halbvoll? Oder ist es halbleer?
Ist das Glas halbvoll? Oder ist es halbleer?
Es ist so einfach, das zu sehen, was fehlt. Statt dem, was man bereits HAT. Was bereits da ist.
So viel einfacher, das Negative zu sehen. Und sich genau auf dies Negative zu fokussieren. Genau dies Negative im Alltag überhand nehmen zu lassen.
Es ist eine unendlich schwierigere Übung: trotz negativer Dinge, Ängsten und realen Sorgen zum Trotz einen glücklichen Moment zu leben.
3. Drei Dinge, ohne die es plötzlich gar nicht mehr geht?
Es sind plötzlich sehr, sehr einfache Dinge:
4. Drei Dinge, die so überflüssig sind, dass ich 10 Wochen nicht daran gedacht habe?
Fernsehen.
Shopping-Center.
Der spezielle Bojen-Bootshaken von AWN.
4. Der meistgehörte Satz an Bord?
"Ooooch neeee."
Immer dann, wenn:
- ein Knoten nicht aufgeht.
- das Lebensmittelschapp klemmt und ich nicht an die Spaghetti komme, während das Wasser kocht.
- eine Schraube, die aufgehen soll, frisst.
- eine Schot partout nicht durch die Öse will.
- Aceto und Öl von den Tomaten mit Mozzarella im Seegang über die beige Hose kleckern.
- der Kühlschrank vergessen wurde anzuschalten und Käse, Butter Laufen lernen.
- der Wind einschläft eine Minute, nachdem ich fünf Minuten mit Segelsetzen und -trimmen beschäftigt war.
- die Tunfischdose mit Öl ganz unten im Lebensmittelschapp ausgelaufen ist.
- ich über den dunklen Fleck auf dem Salonpolster grüble - und dann die nässend-gärenden Überreste der Tomate in meinem Rucksack finde, die ich vom Einkauf vor fünf Wochen dort vergaß.
- der 13. Angelhacken plötzlich futsch ist, weil ich auf 10 Meter Wassertiefe vor der Wende vergaß, die 30 Meter lange Schleppangel einzuholen.
- der Schäkel jetzt dringend zugehen muss, der sich aber unter Zug natürlich nicht schließen lässt.
- die Fockschot sich in der Wende zum 23. Mal unter dem Bootshaken verklemmt.
- sich alle meine Gläser quer durchs Boot auf den Boden ergießen und in Trümmer gehen, weil ich nach 8 Stunden "raumschots" plötzlich auf "hoch am Wind" gehen musste und das Gläserschapp nicht schloss.
- die Ankerwinsch plötzlich ächzend nicht mehr will.
- die Bugfenster-Dichtung sich eigentümlicherweise statt mit dem Boot mit der Fensterscheibe dauerhaft verklebt.
- die Milch, die auf dem Gasherd viel zu schnell heiß wird und überkocht.
- ich beim Übergeben der Festmacher im Hafen einen weiteren Festmacher in der braunen Hafenbrühe versenke.
Die Liste der "Och-Nee's" ist ohne Ende. Sie wird täglich weitergeführt.
Die Liste der "Och-Nee's" ist ohne Ende. Sie wird täglich weitergeführt.
5. Das empörendste Verhalten bei Anderen?
So ankern, dass andere Ankerlieger eingeschränkt und gefährdet werden.
Menschen, die einen in die Irre schicken.
Weiterlesen bei: Einhand unter Segeln. Wie man richtig ankert. Hier.
Weiterlesen bei: Ankermanöver im Gewitter. Hier.
6. Das empörendste Verhalten bei mir?
Mich zuviel über solche Leute ärgern.
Und doch genau wissen, dass auch mir gelegentlich Fehler unterlaufen.
Und doch genau wissen, dass auch mir gelegentlich Fehler unterlaufen.
7. Drei Dinge, denen ich am meisten dankbar sind und auf die ich vertraue?
8. Die beste Begegnung? Mit wem würde ich gerne mal ein, zwei lange Abende verbringen?
Mit Dieter von METRONIX Yachtelektronik in Lefkas.
Die Suche nach einem defekten kleinen Messinglager, das meinen Autopiloten lahmlegte, stiftete in Lefkas folgende Begegnungen, und ich möchte in meinem Leben keine davon missen:
- mit Roula vom NAUTILUS-Shop: hat mir rappszapps neue Kugellager für die ebenfalls defekte Ankerwinsch aus Athen organisiert.
- mit Robert vom Marina-Shop in Lefkas. Selber Segler, Niederländer, vor vielen Jahren in Lefkas hängengeblieben, Griechin geheiratet, heute der größte Laden im Hafen. Acht Angestellte, die rund um die Uhr Boote reparieren. Von ihm lerne die kluge Einsicht, dass Hersteller wie RAYMARINE oder JABSCO zwar keineswegs die besten Produkte bauen; aber deswegen unverzichtbar sind, weil man deren Ersatzteile auch noch im letzten Erdenwinkel bekommt.
- Andreas vom Sailland. Ein stiller, kluger Mann, der mir drei Mal weitergeholfen hat. Organisiert mir zuletzt eine neue Isolierung für meine Kühlschrank-Zuleitung und nimmt dann 2 € von mir. Und schickt mich wegen der Messingbuchse zu Dieter.
- Dieter: Österreicher. Elektronik-Ingenieur und Tüftler. War mit 43 verantwortlich für ca. 80 Service-Techniker einer deutschen Firma. Gefeuert. Dann 12 Jahre Segeln gegangen. Wo er überall war: das sagt er nicht. In Lefkas hängengeblieben. Vor drei Jahren einen Yacht-Elektronik-Laden in Lefkas übernommen. Heute glücklich. Aber mit Wehmut in der Stimme, wenn er über seine Jahre auf dem Meer erzählt. Dieter HAT die Messingbuchse rumliegen. Aber die dreiviertel Stunde vorher: die wir über das Leben quatschten: die war das Wertvolle.
Weiterlesen bei: Was für einer ist das denn? Mit Knoten ist es wie
mit Menschen. Hier.
mit Menschen. Hier.
Weiterlesen bei: Lefkas. Oder bei den Quellengeistern von Nidri. Hier.
Weiterlesen bei: Am Kanal von Lefkas. In der Festung von Santa
Mavra. Hier.
Weiterlesen bei: Am Kanal von Lefkas. In der Festung von Santa
Mavra. Hier.
9. Was habe ich beim Segeln fürs Leben gelernt?
Schauen. Erst mal schauen.
Damit ich nie vergesse:
Egal, ob man in eine Bucht einläuft.
Über die defekte Ankerwinsch nachdenkt.
Egal, ob man in eine Bucht einläuft.
Über die defekte Ankerwinsch nachdenkt.
Oder den kaputten Autopiloten.
Einen Ankerplatz sucht.
Oder einen Menschen zum ersten Mal sieht: Auf den eigenen Blick vertrauen. Erst dann: machen.
Einen Ankerplatz sucht.
Oder einen Menschen zum ersten Mal sieht: Auf den eigenen Blick vertrauen. Erst dann: machen.
10. Die stärkste Erfahrung, die ich nach 10 Wochen an Andere unbedingt weitergeben will?
Lebe Deinen Traum.
Unbedingt. Unbedingt. Unbedingt.
Was immer es ist.
Was immer es ist.
Finde den richtigen Zeitpunkt dafür.
Noch Tage vor meiner Abreise habe ich mich gefragt: Darf ich das? Kann ich das? Einfach losziehen? Ich habe Jahre damit verbracht, darüber nachzudenken, ob es richtig ist, meiner Neigung zum Segeln, meinem Segeltraum zu folgen. Und auf eine längere Fahrt zu gehen. Um jede Huk, die auf meinem Weg liegt und um die ich herumschauen wollte, einmal herumschauen. Und entdecken: was dahinter ist liegt.
Vertrauen Sie Ihren Traum. Ihn zu verwirklichen, gibt ungeheuer viel Kraft. Ich hätte es nicht gedacht.
11. Und was lernt man auf einer längeren Reise fürs Leben?
Wer lossegelt und sich auf eine längere Reise, zumal auf dem Meer, einlässt: der weiß nicht, was ihn erwartet.
Was wiederfährt einem?
Was ist da draußen zu lernen?
Wird man ein anderer? Ein besserer? Was ändert sich?
In den langen Jahren, in denen ich meinen Segeltraum träumte, habe ich mich das gefragt. In diesen Jahren habe ich immer wieder Charles Darwin's REISE MIT DER BEAGLE gelesen und als Hörbuch gehört, es begleitete mich als Urahn eines Buches von einer Seereise, als staunenswertes Abenteuerbuch voller Naturbeobachtungen. Und dies nicht nur deshalb, weil Darwin es Jahre nach seiner legendären Reise als jugendlicher Seekadett und Wissenschafts-Novize veröffentliche. Von dieser fünfjährigen Reise um Südamerika herum und zu den Galapagos-Inseln brachte Darwin seine Evolutionstheorie mit. Daneben 368 Seiten zoologische und 1.383 Seiten geologische Beobachtungen. 1.529 in Spiritus konservierte Arten. 3.907 Häute, Felle, Knochen, Pflanzen. Und 770 Seiten Reisetagebuch. Und schöner und treffender, wie diese Seiten enden, kann man es nicht sagen, was eine solche Reise bringt:
Wer lossegelt und sich auf eine längere Reise, zumal auf dem Meer, einlässt: der weiß nicht, was ihn erwartet.
Was wiederfährt einem?
Was ist da draußen zu lernen?
Wird man ein anderer? Ein besserer? Was ändert sich?
In den langen Jahren, in denen ich meinen Segeltraum träumte, habe ich mich das gefragt. In diesen Jahren habe ich immer wieder Charles Darwin's REISE MIT DER BEAGLE gelesen und als Hörbuch gehört, es begleitete mich als Urahn eines Buches von einer Seereise, als staunenswertes Abenteuerbuch voller Naturbeobachtungen. Und dies nicht nur deshalb, weil Darwin es Jahre nach seiner legendären Reise als jugendlicher Seekadett und Wissenschafts-Novize veröffentliche. Von dieser fünfjährigen Reise um Südamerika herum und zu den Galapagos-Inseln brachte Darwin seine Evolutionstheorie mit. Daneben 368 Seiten zoologische und 1.383 Seiten geologische Beobachtungen. 1.529 in Spiritus konservierte Arten. 3.907 Häute, Felle, Knochen, Pflanzen. Und 770 Seiten Reisetagebuch. Und schöner und treffender, wie diese Seiten enden, kann man es nicht sagen, was eine solche Reise bringt:
"... unbedingt sein Glück zu versuchen und auf Reisen zu gehen, wenn möglich über Land, ansonsten: lange zu bleiben. Er kann versichert sein, dass er - allenfalls in seltenen Fällen - keinen derartigen Schwierigkeiten oder Gefahren begegnen wird, wie er sie am Beginn vorraussieht.
Unter einem moralischen Gesichtspunkt sollte eine solche Reise ihn
- gutwillige Geduld lehren,
- Freiheit von Selbstsucht,
- die Gewohnheit, für sich selbst zu handeln,
- und aus jedem Geschehnis das Beste zu machen,
kurzum: er sollte die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns besitzen.
- gutwillige Geduld lehren,
- Freiheit von Selbstsucht,
- die Gewohnheit, für sich selbst zu handeln,
- und aus jedem Geschehnis das Beste zu machen,
kurzum: er sollte die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns besitzen.
Reisen sollte ihn auch Mißtrauen lehren, aber gleichzeitig wird er entdecken: wieviele wahrhaft gutherzige Menschen es gibt, mit denen er nie zuvor Kontakt hatte und auch nie mehr wieder haben wird, und die dennoch bereit sind, ihm die uneigennützigste Hilfe zu gewähren."
Charles Darwin,
Die Fahrt mit der Beagle,
letztes Kapitel.
Weiterlesen bei: 5 Monate Segeln: Was hat mir das gebracht? Hier.
Weiterlesen bei: Ein Schiff, um fünf Monate damit zu Segeln. Hier.
Weiterlesen bei: Was kosten fünf Monate Segeln im Mittelmeer. Hier.
Weiterlesen bei: Die 7 wichtigsten Tipps fürs Segeln in Griechenland. Hier.
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Die "Ooooch neeee-Liste ist einfach genial. Ich muss in der nächsten Ausgabe unseres Segelvereinsmagazin unbedingt auf eure Seite verweisen.
AntwortenLöschenHerzlichen Dank und liebe Grüße vom kleinen Bodensee
Karin