Mittwoch, 13. Mai 2015

Unter Segeln: Gewitter über Ölü Deniz. Oder: Was es bringt, das Buch GEWITTERSEGELN zu lesen.


Bis dahin war eigentlich alles ganz normal: Das Wetter seit Anfang Mai über der Südtürkei war stabil und warm. Sehr wenig Wind, kaum lohnt's, die Segel hochzuziehen. Aber dafür lockt die Küste mit leeren Ankerbuchten, und Reviere, in denen sich im Juli und August die Boote in Buchten drängeln wie im Golf von Fethiye: die gehören dem einsam Segelnden jetzt ganz allein.

Ab Samstag Mittag aber das Wetter instabil. Aufquellende Wolkentürme im Osten, die langsam über den Baba Dagi und über den Sandstrand von Ölu Deniz nach Westen zogen. Am Sonntag bereits am Vormittag tiefschwarze Wolken über dem Baba Dagi, dem großen Berg auf dem Bild im Hintergrund, von dem mutig immer noch Paraglider herunterschwebten. Plötzlich Blitze am Mittag, das Unwetter zieht aus Osten heran, über den weißen Sandstrand von Ölü Deniz und dann zur Ankerbucht vor der Insel Gemiler, der Insel auf der Heilige Nikolaus wohl tatsächlich einmal gelebt hatte. Heftige Gewitter über Ölü Deniz und Gemiler: das hatte ich schon häufiger.

                                  Weiterlesen bei: Ankermanöver im Gewitter. Oder: Warum mach' ich das bloß?
                                  Weiterlesen bei: Von schnellen Gewittern und von langsamen.
                                  Weiterlesen bei: Gemiler. Oder: Wer war der Mann, der Sankt Nikolaus hieß.


Zuerst Schwärze. Dann Blitze. Und dann brechen schlagartig von Westen her, vom Sandstrand her, dort, wo die großen Gülets ankern, starke Böen herein. Der Wind wirft Schaumkronen auf dem Wasser auf, pfeift im Rigg der beiden ankernden Gülets. Deren Kapitäne fühlen sich offensichtlich nicht mehr wohl in der Gemiler Reede. Sie wollen ablegen, starten ihre PS-starken Motoren, senden ihre Dinghis zum Ufer, um die Festmacher von den Felsen zu lösen. Die Böen nehmen zu auf 35 Knoten, LEVJEs Festmacher zum Ufer sind zum Zerreissen gespannt, die ungeheure Dehnung wringt Tropfen Meerwasser aus den Tauen. 

Da beide Gülets 100 Meter Kette quer durch die Bucht gesteckt haben, dauert es lange, quälend lange, bis die Schiffe frei sind. Dicken, unbeweglichen Käfern gleich kriechen sie an ihren Ankerketten entlang quer durch die Bucht, plötzlich trifft eine harte Böe das weiße Gület im Bild oben, das Schiff beginnt, mit dem Heck auf den Nachbarn zuzutreiben. Aufheulende Motoren.

Segelyachten, die sich von draußen in die Bucht zwängen und halbgare Ankermanöver starten. Andere Yachten, die ihren Ankerplatz aufgeben, wohl, weil ihr Anker im tiefen Wasser nicht hält. Wie die Kanadier genau gegenüber, die langsam nach draußen ziehen. Erneute Böen. Plötzlich setzt prasselnder Regen ein. Bei einem der beiden Gülets hat sich mitten in der Bucht der Anker verklemmt, der dicke Käfer liegt in Böen und Starkregen mitten in der Bucht und die Crew versucht, den Anker auszubrechen. Das zweite Gület fährt in der Bucht auf und ab. Und zwischen allen, laut rufend, wild gestikulierend, der türkische Marinero vom Restaurant in der Bucht, der versucht, den drei, vier Charteryachten und dem Kat im pfeiffenden Starkwind beim Bojenanleger zu helfen. Er kämpft, nur im Pullover im prasselnden Regen auf seinem schnellen kleinen Boot, um den Besatzungen zu helfen.

Tohuwabohu. Und ein guter Moment, um mich einmal zu fragen: Hat sich für mich - als User, als Segler - die Lektüre des Buches GEWITTERSEGELN gelohnt? Ein guter Moment, um mich zu fragen: Hat mich die Lektüre dieses Buches weitergebracht? Hat es sich gelohnt, dieses Buch überhaupt in die Welt zu setzen? Würde ich es meinem besten Freund in die Hand drücken, vor einem Juni-Törn im gewitterreichen Kroatien?

Ja, würde ich. Denn ich gehe mit der Situation anders um. Passieren kann zwar immer noch alles mögliche, davor ist niemand gefeit. Durch die Beschäftigung mit dem Thema und das Lesen der über 40 Berichte kam einfach mehr Know-How in die Sache. 
Wir haben jetzt einfach fast 50 Meter Kette draußen und der Anker hält. 
Ich habe eine überprüfbare Antwort auf Katrin's besorgte Frage: ob LEVJE sinken würde, wenn im Mast der Blitz einschlägt. 
Ich überlege jetzt nicht mehr wie früher, ob's wohl doch besser wäre, jetzt rauszugehen. Oder vielleicht doch besser gewesen wäre, dies, das jenes zusätzlich gemacht, unterlassen, getan zu haben.

Es ist schon so, wie Axel zu Puttlitz-Lührmann, der Schadenexperte des Yachtversicherers PANTAENIUS, sagte, als wir ihn für GEWITTERSEGELN in Hamburg interviewten: "Man kann schon viel machen, im Gewitter."

Nein: zu unserem Projekt kann ich stehen. Und es auch mitten im Unbeherrschbaren jedem Segler guten Gewissens empfehlen.


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