Freitag, 1. Mai 2015

Menschen am Meer: Urdu Kaptan. Oder: Wie man ein leckendes Gület wiederdicht bekommt.


Das ist Urdu Kaptan. Sein Name bedeutet auf Deutsch soviel wie "Kapitän Urdu", und ich vermute, dass Urdu in seinem früheren Leben ein Gület-Kapitän war. Jetzt sitzt Urdu Kaptan unter dem 25 Meter langen Gület von Mehmet. Und dichtet es ab.

Gülets sind Traditionsschiffe, große Holz-Zweimaster, die man überall auf den Meeren der Türkei sieht. Angeblich kamen sie in Mode, als um 1920 ein nach Bodrum verbannter Journalist die Arbeitsboote der Einheimischen für die "Mavi Yolculuk", die "Blaue Reise", durch den Gökova Golf anmietete. Viel weiter durfte er nicht. Die "Blaue Reise" auf dem Gület aber wurde Mode bei seinen Istanbuler Freunden, und so kam es, dass aus den einstigen Arbeitsbooten heute die Ausflugsschiffe geworden sind, die man in jeder Bucht trifft. Meist ist eine Familie drauf, oder fünf bis zehn Leute, die sich für eine Woche einmieten und die Welt aus angenehmstem Blickwinkel auf den dicken roten Polstern im Heck eines Gülets betrachten. Hier sieht man Gülets im Herbst vor der Insel Gemiler liegen:


Mehmets Gület ist nun 15 Jahre alt. Es ist jetzt im Frühjahr an Land: bei dem riesigen, schweren Schiff, wurden Planken ausgetauscht, unten, genau über dem Kiel:


Dies scheint bei allen Gülets eine Schwachstelle zu sein: Unten, genau über dem Kiel eines solchen Schiffes, steht innen ständig Wasser im Schiff. Weil ein Schiff nie dicht ist, sammelt es sich dort an der tiefsten Stelle. Schwappt tagein, tagaus hin und her. Das Schiff: es rottet an dieser Stelle wegen des Wassers, aber von innen heraus, nicht von außen. Die Bootsbauer nehmen einfach die morschen Planken heraus. Und ersetzen sie durch dicke neue. Unten kann man dort, wo das Holz verrottet ist, durch das Gület hindurch auf die andere Seite sehen.


Und dann kommt Urdu ins Spiel: Er ist Spezialist für das Abdichten des Gülets. Sobald das neue Teak-Brett eingesetzt ist, klopft Urdu mit einem langstieligen Hammer feine Baumwolle in die Ritzen, immer wieder, während Mehmet - im Bild vorne, neben den Stützen - mit den anderen Bootsbauern ein Schwätzchen hält.


Immer wieder treibt Urdu mit dem Meissel, den er feinfühlig zwischen den Fingern hält, den dicken Baumwollfaden in die Ritzen. Der Kopf des hölzernen Hammers, den er benutzt, ist fast so lang wie sein Unterarm.


Urdu ist Spezialist für das Abdichten der Boote, das man "kalfatern" nennt. Er macht nur diese Arbeit. Und das seit Jahren. Dazu ist er an der Küste unterwegs. Mal in Bodrum, mal in Bozburun, wo viele und große Gülets gebaut werden. Derzeit eine mit über 140 Metern Länge, das größte Holzschiff, das es gibt, für einen russischen Oligarchen, und der Name des gewaltigen Schiffes, DREAM SYMPHONY, läßt wer-weiß-was erahnen.


Urdu aber klopft weiterhin Baumwoll-Fäden zwischen die Teak-Planken von Mehmets Gület, in alter Technik. Danach kommen ein, zwei Anstriche mit roter Mennige darauf, um das Holz zu imprägnieren und zuletzt noch zwei Lagen Antifouling, damit das Schiff nicht zu schnell zuwächst.

Und kommende Woche: geht Mehmets Schiff wieder hinaus. Und nimmt Gäste mit, auf die "Mavi Yolculuk", auf die "Blaue Reise", wie die Türken sie nennen.



                                                     Weiterlesen bei: Carlo. Oder wie man ein altes Holzboot repariert.
                                                     Weiterlesen bei: Die vernachlässigten Schiffe. Hier.
                                                     Weiterlesen bei: Wie es ist, auf dem Boot zu Überwintern. Hier.
                                                     Weiterlesen über: Die vergessenen Inseln. Hier.



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1 Kommentar:

  1. Wow das ist sehr interessant ich arbeite auch gerade mit meinem Schreiner der mir schon einen Schrank nach Maß gebaut hat auch ein kleines Segelböötchen, da kann ich mich noch inspirieren lassen

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