Donnerstag, 26. Januar 2017

DIE BOOT 2017. Der große Traum. Vom neuen Boot.

Live von der BOOT in Düsseldorf ein paar Eindrücke.

Nein. Sozialist war ich nie. Eher von der Sorte "Leben und leben lassen". Aber wenn ich so durch Hallen mit den GFK-gewordenen Träumen der Serienhersteller schlendere, dann komme ich doch auf der diesjährigen BOOT etwas in die Krise. Eine nette 37er? Findet man noch bei dem mittlerweile etwas angestaubt wirkenden HALLBERG-RASSYs. Oder bei den - naja - etwas niedrigpreisigen DUFOURS. Schreitet man durch die Halle, gibts den Kunden fürs mittlere Segment wohl nicht mehr wirklich. Oder man überlässt ihn den kleineren Werften, den SARRES, den SIRIUS', den SCHÖCHLs.


Stattdessen suchen die großen Massenhersteller der vergangenen Jahre ihre Zukunft in schierer Größe. Man findet bekannte Namen, versehen mit großen Zahlen. Ein namhafter Franzose mit 63 Fuß. HANSE mit deutlich über 60 Fuß. OYSTER sowieso seit je her. JEANNEAU mit 64 Fuß. Kann das gutgehen? Wenn Hersteller, die man für ihre Billigproduktion schätzte (gerade letzterer), plötzlich am großen Kuchen des neuen Geldes mitknabbern wollen? Oder geht nur noch da was?


60-Fuß-Yachten von bekannten Serienwerften also überall. Steht es so um die Welt? Nach "Make America great again?" nun auch "Make boats great again?"

"Gekauft wird ein Boot mehr und mehr auf der Messe, nicht mehr auf dem Wasser.", sagt der Vertriebsmann eines der vertretenen Hersteller. Gekauft wird nach Raumeindruck, heißt das. Nach dem, was man auf einer Messe als echt großzügige Innenraumgestaltung empfindet. Nicht danach, was man eigenhändig noch zwischen den Dalben eines nordadriatischen Hafens anlegen kann. Nein, Größe ist gefragt. Aber - wenn ich den Gedanken weiterspinne - was sagt das über den Zustand der Welt? Vorbei mit "Wohlstand für alle?" Oder frißt einfach nur ein gewaltiges Überangebot auf dem Gebrauchtbootmarkt die Kunden weg, bevor sie auf der BOOT sich für einen der neuen Familiensegler zwischen 35 und 40 Fuß entscheiden können? Ich wünschte, ich wäre klüger und wissender, als ich es bin. Dann wüsste ich auch: Wohin diese Welt geht. Nein. Mich machen all diese 60 einfach nur ratlos, was da gerade passiert in der Welt.


Und dann das da: Eine ranke Schönheit. 50 Fuß lang. Kielhöhe knapp vier Meter. Zwei dürre Ruderflossen im Heck, die aussehen wie die kurzen Stummelflossen der gierig-schönen Jäger, die ich des Sommers gelegentlich an der Schleppangel habe: der schnellen blauen Makrelen. Schlanker Decksaufbau. Alles, aber auch wirklich alles an dieser Schönheit signalisiert Schnelligkeit. Und noch einmal: Wir reden über 50 Fuß Länge. Satte 15 Meter. Aber das: Ist erst der Anfang.

Denn das Ganze ist Spielzeug der Extraklasse. Accessoire, was es nicht auf den Edelmeilen der Welt zu kaufen gibt. Und beim Ferrari-Händler um die Ecke auch nicht. Ein edler Rennschlitten für die kleine sommerliche Ausfahrt zu zweit mal schnell die Adria runter. Und dann rechts abbiegen nach Sizilien. "Die macht 20 Knoten - wenn Du es willst", sagt Fortunato, und er muss es wissen, denn er macht den Vertrieb an der Adria.


Wer nun erwartet, dass im Inneren der Swan geschmackloser Protz herrscht: Weit gefehlt. Die Doppelkabine im Bug ist schlicht. Einfache Holzoberflächen. Die großen Schubladen unter dem Bett mit Ledergriffen - wie zu Studentenzeiten. Aber nicht aus Kostengründen, nein nein. Gewicht ist bei dieser Schönheit alles. Wir werden noch öfter darauf zu sprechen kommen.


Und was ist das da, was da vorne in der Eignerkabine ledergesäumt von der Decke hängt? Ein  Hängeklo? Ein tragbarer Schrankkoffer? Irgendwas, um jemand Ungeliebten ganz kurz mal wegzustellen? Nein. Es ist der Schrank für die Dame des Hauses, ein Leichtgewicht wie vermutlich sie selbst. Und wenns mal wirklich auf jedes Gramm ankommt: Dann hängt man das Ganze einfach aus.


Es geht weiter in der Welt der Wunder, die SWAN da in Schiffsform auf die Messe gestellt hat. Ein Bodenbrett, das ich da in der Hand halte, na klar. Und? Was wiegt es? Sie haben 30 Sekunden. Nein falsch. Das zentimeterdicke Bodenbrett, das ich da in der Hand halte, ist ungefähr so schwer wie eine Frisbee-Scheibe. Es wiegt keine 30 Gramm. Das ganze Wunderwerk ist vom Innenausbau dünnste Furniere auf leichtestem Trägermaterial. Außenwände und Schiffsrumpf komplett in Kohlefaser. Aber wir wollen ja nicht angeben - drum ist weißes Gelcoat drauf. Und so wiegt das ganze Mirakel in weiß gerade mal ein Drittel dessen, was eine handelsübliche 15-Meter-Serienwerft auf die Waage bringt.


Einen kleinen Punktabzug, aber nur einen klitzekleinen, gibts dann auch nur für die Bordküche. Die erinnert in etwa an eine moderne Office-Teeküche, und das nicht nur, was ihre Größe angeht. Sie ist nicht nur so klein gehalten, damit im schweren Seegang wirklich keiner beim Kochen umfallen kann, sondern - ja: Gewicht! Nein. Geschlemmt wird hier an Bord nicht. Sondern im Hafen.

Aber fragen wir jetzt nach solchen Petitessen, in welchen Adriahäfen man denn das 4-Meter-Tiefgang-Schmuckstück an welchem Schlängel rückwärts einparken kann. Fragen wir nicht, was diese nackte Schönheit denn kosten mag. Damit befassen wir uns nicht. Sagen wir einfach: Dass SWAN da etwas WIRKLICH Beeindruckendes und Innovatives geschaffen hat.

Nein. Sozialist war ich nie. 


PS: Das netteste Detail des Schiffes, was mich am meisten entzückte, das entdecke ich dann am Bug. Wo die Kräfte der SWAN zusammentreffen im Bug ist alles Edelstahl. Bis auf eines: Die Ankerkette. Die ist verzinkt. Weil... ja, vermutlich weil: Edelstahlketten zwar schöner in den Ankerkasten fallen, aber deutlich bruchanfälliger sind als verzinkte. Nein. Wie hübsch.



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