Donnerstag, 11. August 2016

Einhand um Sizilien, Teil VI. Unterwegs im Krater.

In lockerer Reihenfolge erzähle ich in dieser Artikelserie meine Reise 
um Sizilien auf meiner 31-Fuß-Yacht LEVJE im Sommer 2016. 


Alle Artikel dieser Reihe finden Sie auf click HIER.















Auf der Insel Vulcano, einer der liparischen Inseln nördlich von Sizilien, gibt es zwei Ankerbuchten. Die eine - Porto di Levante - geht nach Osten und schützt vor dem Nordwest. Die andere - Porto di Ponente - geht nach Nordwest. Und beide: Liegen genau zu Füßen des Vulkankraters, der sich genau 499 Meter über dem Meer erhebt und den die Einheimischen respektvoll "Il Cratere", "DEN Krater" nennen. Als würde es sich bei dem Vulkan, der immer noch zu seinen Füßen Schwefeldämpfe aus dem Meer aufsteigen lässt, um einen etwas wunderlichen alten Onkel handeln, der gelegentlich einen über den Durst trinkt.

500 Höhenmeter also. Zuerst entlang der Partymeile des 360-Seelen-Ortes. Denn Vulcano lebt vom Tourismus - vor allem jetzt im Ferragosto. Aber die Partymeile ist eine kleine einfache Teerstraße, die schnurstracks unter schattigen Bäumen zum Fuß des Vulkans, wo ein allererstes Schild "800 Meter" bis zum Krater verheißt.



Wer Italien kennt und das Land zu Fuß bereist, der weiß aus Erfahrung, dass italienische Angaben über "Wegstrecken zu Fuß" immer mehr mit Lottozahlen zu tun haben als mit der tatsächlichen Wegentfernung. Der Hinweis "dieci minuti" beispielsweise sollte beispielsweise immer mit der Näherungszahl 6,59382 multipliziert werden - das entspricht dann eher dem, was man tatsächlich zu laufen hat. Und auch die Startangabe "800 Meter"sind zwar eine durchaus motivierende Angabe für jeden Fußlahmen, haben aber mit der Wirklichkeit soviel zu tun wie PIRATES OF THE CARIBEAN, Teil III.



Der Weg beginnt zwischen Ginsterbüschen. Und im schwarzen Feinsplitt - fein zermahlenen Basaltsplittern, die schnell die Bootsschuhe füllen. Ich aber bin mit meinen geliebten Flipflops unterwegs. Denn: Sie zwingen mich bei jedem Schritt zum sehr konzentriert darauf achten, wohin ich meinen Fuß setze. Zum achtsamen Gehen. Und Steinchen können auch keine reinfallen  ;-)

Keine 200 Höhenmeter später ist es schlagartig vorbei mit Ginsterbüschen und jeglichem Bewuchs, die "Baumgrenze" auf Vulcano liegt deutlich tiefer als in den Alpen. Der Fußweg geht über von splitterndem Geröll in harten rötlichen Fels. Wie mit dem Lineal gezogen endet der Schotter. Beginnt das Gestein. Die Landschaft reduziert sich auf drei Farben schwarz, rosa, tiefblau. Stille umfängt den Wanderer. Und feiner rötlicher Staub seine Füße.

Und dann verheißt das Schild die letzten 100 Meter bis zum Krater. Es ist klar, dass das nicht stimmen kann - trotzdem verleiht so was Flügel. Und plötzlich steht man dann hier:



Etwas, das aussieht wie ein gewaltiger Wumms in der Landschaft. Als hätte ein Meteorit eingeschlagen. Oder ein strafender Gott in allgewaltigem Zorn etwas Großes, sehr Großes hierher geschleudert. Ein paar Unentwegte, Mutige sind hinabgeklettert, auf den Grund. Und haben aus Steinen etwas auf den Grund des Kraters geschrieben, der mit Sonden und Fühlern gespickt ist. Der Krater und seine Ruhe: Sie sind fragil.

Auf dem Karter befindet man sich in einer Wüstenei. Kein Baum, kein Strauch schenkt Trost, der Mensch steht verloren in dieser Landschaft, die ihm deutlich sagt: "Du hast hier nichts verloren. Dies ist ein Garten, der einem höheren Wesen gehört."



Aus hundert Erdlöchern steigt Schwefeldampf auf, der zischend, pfeifend, brodelnd irgendwo aus wer weiß welchen Tiefen der Hexenküche in Mutter Erde seinen Weg durch kilometerlange Spalten nach oben findet. Dort, wo Dampf dem Gestein entweicht und heißen Nebenschwaden gleich vom Wind über das Gestein getrieben wird, lagert sich Schwefel ab. Wer einsam dort oben steht, der steht mitten im Schwefeldampf. Der Weg ist übersät mit großen und kleinen Fumarolen, Hunderte Spalten, Ritzen,



Löcher, Engen, aus denen es zischt und quillt und stiebt. Die Dämpfe, schreibt Wikipedia, sind ein Gebräu verschiedenster Gase und enthalten zu 1% auch "Schwefelwasserstoff. Die Giftigkeit des Gases ist schon im ppm-Bereich erheblich", auch wenn der Wind dort oben die Gase gleich bei deren Austritt verdünnt und verwirbelt.





Ich aber bin fasziniert von dem gewaltigen Garten, in dem ich mich befinde und der mich meist gleichgültig, manchmal böse aus zwei dampfenden Augen anblickt. Klein fühlt sich der Eindringling in dieser Welt, klein, weil Dich hier die Erdzeitalter anblicken und Du Dich klein fühlst vor der Gewalt dessen, was sich vor dem Auge ausbreitet.

Ob sich die Trumps, die Putins, die Erdogans, die Orbans ändern würden? Wenn man sie hier herauf schaffte? Und drei Tage allein ließe, jeden für sich, mit sich und nichts als sich selbst allein?
Ohne Publikum, ohne jubelnde Entourage, die ihnen beständig ins Ohr flüstert: "Du bist groß"?

Ob sie ihr Denken ändern würden?














Ich weiß es nicht. Ein Ort der Umkehr wie bei Dante ist "Il Cratere", ein Ort des Staunens und der Selbstvergewisserung für den, der nicht nur ein Spektakel darin sieht.

Die liparischen Inseln: Sie sind mehr als ein touristisches Event. Und mehr als ein Fünf-Minuten-Kitzel.






















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Mare Più: heißt "mehr Meer". 
Und wenn Sie mehr Geschichten 
über die Menschen am Meer lesen wollen:



Wie es ist, auf einem kleinen Segelboot
• Italien
• Griechenland
• Türkei
zu bereisen. Und in fünf Monaten: Von München nach Antalya zu reisen.


Auch als Film:  


Demnächst auch in den CINEPLEX-Kinos 
in Aichach und Germering bei München.

Das sagt die Presse über Buch und Film:

"... ein Sehnsuchtsbuch par excellence.
Und ein echtes sinnliches Erlebnis."
MÄRKISCHE ZEITUNG im Oktober 2015

"... eröffnet dem Weltenbummler ganz wunderbare Traumziele, auf die man 
bei üblicher Herangehensweise schwerlich gekommen wäre."
YACHT im Mai 2015 

"Die Besonderheit des einstündigen Streifens ist seine Ruhe. 
Eine Ruhe, die der Film mit poetisch angehauchter Sprache und sinnlichen Bildern von Szene zu Szene eingehender vermittelt."
SEGELREPORTER im Dezember 2015

"... ein schönes, ein gelungenes Werk, animierend und inspirierend."
LITERATURBOOT im Juli 2015

"Absolut empfehlenswert!
Für Reisebegeisterte ist 'Einmal München-Antalya, bitte!' definitiv zu empfehlen."

RATGEBER.REISE. im Juni 2015







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