Eric Hiscock tat es sieben Mal und mit kühler, am Ende altersgemäßer Überlegung. Und nie, ohne seine Frau zu fragen. Bernard Moitessier drei Mal. Und eher notgedrungen, weil zwei seiner Schiffe in Nacht, in Sturm strandeten. Und zwei Mal unrettbar verloren waren. Einmal war sogar Klaus Kinski mit an Bord, heißt es. Eric Tabarly tat es sogar acht mal. Und wie es scheint: aus schierer Lust am Erfinden, am neu Erdachten, bevor er in der irischen See über Bord ging und den Tod fand. Die Rede ist: Sich den Traum einer neuen Yacht zu erfüllen.
Und weil der Wunsch auch in mir ist, auch wenn ich mein kleines Schiff, die LEVJE, sehr liebe: drum folge auch ich dem lautesten aller Lockrufe der HANSEBOOT in die Halle B6, dahin, wo die neuen Yachten gerade und quer herumstehen: Die NAJADs und die HALLBERG-RASSYs. Die HANSEs, DEHLERs, BAVARIAs. Die LUFFEs und VILMs und SKALARs auch. Und die COMFORTINAs und X-YACHTs. Und erklimme ungezählte Male gepackt von Neugier auf die perfekte Yacht die breiten, steilen Stufen wie zu einem Hochaltar, hinauf auf die Ebene, dort: wo man sich nur noch die obligaten blauen Überzieher über die Schuhe streifen muss. Und dann, wie herrlich auf der HANSEBOOT, ohne Gedrängel, ohne Wartezeit, einfach im Cockpit einer Aussteller-Yacht steht.
150 Schiffe, so sagt der Messeveranstalter, seien auf der HANSEBOOT zu sehen. Aber da sind dann wahrscheinlich auch schon alle Schlauchboote, Dinghis, Modellschiffe und sonstigen schwimmfähigen Untersätze mitgezählt, die auf der Messe in elf Hallen und im Freigelände gezeigt werden. Tatsächlich relevant sind in der B6 etwa 20, 25 Yachten. Für mich, Langfahrtsegler, zum ersten Mal auf der HANSEBOOT, eine beachtliche Menge, die meine Erwartungen deutlich übertrifft. Altgediente HANSEBOOT-Veteranen schwärmen aber von alten Zeiten. Und viel, viel mehr Yachten.
Mir ist derlei egal. Es ist schon erfreulich viel Boot zu sehen. Ich klettere gutgelaunt zu jedem neuen Schiff hinauf. Frohen Mutes, voll Zuversicht, auf eine Yacht zu treffen, deren Raumaufteilung meine Erwartungen an das Leben auf einer Yacht erfüllt. Ein Leben, so wie ich das die letzten fünf Monate unterwegs von Slowenien über Italien, Griechenland in die Türkei auf LEVJE gelebt habe: An lange Schläge die italienische Ostküste hinunter. An wochenlange Sonnentage ankernd in griechischen Buchten, mit viel Schwimmen, nur Draußensein. An Regentage im türkischen Oktober-Platzregen auf dem Boot. Schwallbäder, wie man sie nur am Meer erlebt. Und die mich blitzartig unter Deck treiben.
Deshalb sind es vier ganz einfache Dinge, auf die ich mich konzentriere, wenn ich mir ein Schiff ansehe. Weil ich damit auch den überwiegenden Teil meiner Zeit verbringe:
Regel 1:
Cockpitbänke, lang genug, um im warmen Süden gemütlich die Tage darauf lesend und schreibend verbringen zu können. Und auch mal in warmen Nächten draußen schlafen zu können.
Regel 2:
Unter Deck: Stehhöhe.
Regel 3:
Salonbänke, lang genug, damit der Skipper auf Nachtschlägen sprungbereit ruhen und schnell bei seiner Crew sein kann. Oder ein Nickerchen machen kann. Oder einen Seekranken am ruhigsten Punkt des Schiffes "in Blickweite" betten kann.
Regel 4:
Eine Bugkoje, die den Namen "Eignerkabine" wahrhaft verdient. Und nicht am Fußende für vier Füße mit 21 cm Fußraum aufwartet.
Es sind ganz, ganz einfache, kleine Kriterien. Meine Mindestanforderung an ein Schiff, auf dem ich meine Tage und Nächte glücklich verbringen möchte. Mich interessieren, während ich blaufüßig die wunderbaren Teakdecks entlanglaufe, zunächst weder Wendewinkel noch Kielballast-Anteile. Weder Frischwassertank- und Sprit-Volumina noch Performance-Riggs. Weder Tiefgang noch Preis. Ich prüfe einfach: Kann ich so, wie ich in den vergangenen 5 Monaten segelnd, lesend, schreibend, das Meer betrachtend auf meiner LEVJE gelebt habe und glücklich war: könnte ich so auch auf diesem Schiff leben?
Denn der Witz ist: Auf der 1987 von Willi Dehler gebauten Dehler 31, der der Vorbesitzer den hübschen Namen LEVJE gab, habe ich das fast alles. Fast. Nicht überall Stehhöhe. Aber fast. Und zu zweit wirds im Fußraum vorne etwas eng.
Und während ich blaufüßig umherwandere, merke ich: Meine Kriterien sind zwar ganz, ganz einfache. Aber keine, die auf einer Langfahrten-Yacht überall anzutreffen wären. Denn mal zwingt ein feinfühlig zu handhabendes, aber überdimensioniertes Ruderrad die Cockpit-Bänke auf 1,40 Meter Kürze. Oder ein Traveller - und den hat LEVJE auch quer durch die Plicht - ist so verbaut, dass gemütliches Liegen auf den Cockpit-Bänken unmöglich ist. Oder die Stehhöhe in der Achterkoje einer Centercockpit-Yacht - ich gebe zu: damit liebäugle ich ja wirklich - ist nur 1,70 Meter. Oder die Salonbänke sind - und das ist häufig der Fall - zu sogenannten "Club-Versionen" verkürzt: Angenehme, einzelne Sessel, man freut sich schon auf den Whiskey am Abend zu Zweit in der Hand. Aber keine Couchlängen wie auf LEVJE von über 2 Metern.
Ich gebe zu: Für Yachtbauer und Konstrukteure ist es schon verflixt mit dem Geschmack des Kunden. Die Yachtzeichner und Yachtbauer haben es nicht leicht, aus der Kakophonie der Kundenwünsche herauszufiltern, was denn König Kunde nun wirklich will. Und wofür er dann auch wirklich bereit ist, Summen auszugeben, an die mich die Kompassrose schmerzhaft gemahnt. Aber die Schwierigkeit hat jeder, der Produkte für Kunden macht.
Einmal mehr aber wird mir klar, wie sehr mir LEVJE's Raumeinteilung, dem, wie ich auf einem Boot leben will, entgegenkommt. Einmal mehr preise ich E.G. van de Staadt - ihm verdanke ich nun schon zwei großartige Segler - und Willi Dehlers großartig einfaches Innenraum-Konzept, von dem ich denke, dass es seiner Zeit weit voraus war. Und heute fast zeitlos ist. Denn LEVJE's Grundriss, gebaut für glückliches Segeln zu zweit, finde ich heute genauso auf vielen Schiffen wieder, für die ich mir auf der HANSEBOOT gerne 20, 25mal die blauen Überzieher an-; und wieder ausziehe.
Die HANSEBOOT: In Hamburg in den Messehallen. Noch bis zum morgigen 2. November.
Und das gibts hier an Schiffen zwischen 12 und 20 Metern Länge zu sehen: hier klicken.
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