Sonntag, 4. Juni 2023

Orca Update: Spanische Behörden ändern Richtlinien für Verhalten bei Orca-Interaktionen. Neue Erkenntnisse.

Bereits vor zwei Wochen veröffentlichte ich ein erstes Update 
über die Orca-Interaktionen, das über die Zunahme der Orca-Interaktionen 
im Frühjahr 2023 berichtet. Hier ein weiteres Update.

Die spanischen Behörden revidieren ihre bisherigen Verhaltens Maßregeln bei Orca-Attacken und formulieren sie neu. Die obige Karte der aktuellen "Hot Spots" der Orcas vor dem Fischerort Barbate entstammt den vom Ministerium veröffentlichten "Empfehlungen".
Quelle: Ministerio de Transportes, Movilidad y Agenda Urbana https://www.mitma.gob.es/marina-mercante/seguridad-maritima-y-contaminacion










1. Spanische Behörden ändern Richtlinien für das Verhalten im Fall von Orca Ruder-Attacken.

Bereits im Mai hat das Spanische Ministerium für Transport (Ministerio de Transportes, Movilidad y Agenda Urbana) in Madrid seine offiziellen Richtlinien für Skipper und Kapitäne im Fall einer Ruderattacke durch Orcas geändert. Mit seinen jüngsten Empfehlungen vollziehen die Behörden eine Abkehr von der seit 2020 empfohlenen Praxis, im Fall einer Interaktion von Schwertwalen die Yacht zu stoppen, Maschine und sämtliche Geräte abzustellen, um sich dadurch für die Orcas so uninteressant wie irgend möglich zu machen. Seit Sommer 2020 wurden vor der iberischen Halbinsel nach offizieller Schätzung mehrere Hundert Yachtruder als durch Schwertwale demoliert und drei Yachten als "gesunken infolge Orca-Interaktion" gemeldet. Inoffizielle Schätzungen in meinem Buch DAS RÄTSEL DER ORCAS gehen in beiden Fällen von weit höheren Zahlen aus.

Statt Stillhalten empfehlen die Behörden nun jeder Yacht im Fall einer Orca-Interaktion die Segel zu bergen und so schnell es geht unter Maschine in möglichst flache Gewässer abzulaufen, "bis die Orcas das Interesse verlieren."

Zugleich veröffentlichte das Ministerium die obige Karte des aktuellen Hot Spots der Orca-Ruder-Attacken vor Barbate und rät in seinen Empfehlungen dringend, vor den dort aktiven Schwertwalen bei Passagen die unmittelbare Küstennähe und Flachwasser zu suchen, soweit dies Bauart sowie Wind- und Seebedingungen erlauben.

Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass an Interaktionen beteiligte Orcas zu fotografieren sind und für jeden Skipper die Pflicht zur Meldung von Orca-Interaktionen besteht.
   
    Alle weiteren Punkte der Richtlinien finden Sie auf der Webseite des Ministiums     
    https://www.mitma.gob.es/marina-mercante/seguridad-maritima-y-contaminacion 
    sowie im Originalwortlaut in deutscher Übersetzung des ministeriellen Erlasses am Ende dieses  
    Artikels.

2. Diskussion um Sand und Knallkörper als Abwehrmittel

Während im vorangegangenen Update noch von Paul Linguard von CRUISING ASSOCIATION die Wirkung von Sand als Mittel der Abwehr der Orcas fundiert erklärt wurde, hält die Diskussion über die Zuverlässigkeit von Sand weiter an. Der spanische Orca- und Cetaceen-Forscher Renaud de Stephanis, einer von 10 für mein Buch befragten Orca-Experten, beurteilte die Wirkung von Sand unverändert skeptisch. Die Orcas hätten als intelligente Tiere längst herausgefunden, wie sie der Wirkung des Sandes auf ihre empfindliche Sonarortung aus dem Weg gehen. Davon abgesehen zeigen meine eigenen Beobachtungen von Seglern, die Sand einsetzen, in vielen Video deutliche Anwendungsfehler. Sand in voller Fahrt abzuwerfen ist sinnlos, denn der der Sand vertreibt bei fünf Knoten Fahrt durchs Wasser sofort wie jede andere ausgebrachte Substanz und sollte nur stillliegend ausgebracht werden. Manche Videos zeigen auch viel zu geringe Mengen Sand, die von Seglern aus kleinen Beuteln ausgebracht werden. Fischer führen Sand in größeren Mengen mit sich und bringen ihn von ihren stillliegenden Booten  säckeweise ins Wasser aus, um die Orcas zu verwirren.

Über die Wirkung von Knallkörpern, sogenannten "Robben-Bomben", die Fischer zur Abwehr von Robben von ihren Netzen einsetzen, hat jüngst Ex-TRANSOCEAN-Vorstand Martin Birkhoff auf seiner Website berichtet. Er erlebte zwei kurze, heftige Orca-Attacken und setzte als letztes Mittel nach dem Ablaufen sogenannte "Fire-Cracker" ein, was die Interaktionen beendete. Er versuchte zudem, die juristische Verbindlichkeit des Verbots von "Fire-Crackern" auf seiner Website zu verifizieren und recherchierte dessen Quellen. Mehr darüber unter https://www.sy-magodelsur.de/2023/05/10/orcas-rechtliche-einschaetzung-von-abwehrmassnahmen/



Mehr Informationen über die rätselhaften Hintergründe des Verhaltens:


In deutscher Übersetzung:
Empfehlungen für Schiffsführer, wenn Schwertwale mit dem Schiff interagieren


Wenn Sie auf See sind und auf Schwertwale oder andere Wale treffen und die Schwertwale mit dem Schiff interagieren, muss der Schiffsführer/Kapitän des Schiffes, soweit möglich und sofern die Orcas keine größere Gefahr darstellen, die folgenden Maßnahmen ergreifen:


  1. Verhindern Sie, dass sich Personen an Bord der Reling nähern. 

Stellen Sie sicher, dass sie sich auf dem Schiff an Orten aufhalten, die größtmöglichen Schutz vor abrupten Schiffsbewegungen bieten, die zu Verletzungen auch durch lose Gegenstände verursacht werden oder zum Über-Bord gehen führen könnten.


b. Im Fall einer Interaktion es besser, zu motoren als zu segeln, das Schiff nicht zu stoppen sowie auf direktem Weg mit größtmöglicher Geschwindigkeit, soweit es die Wind und See dem betreffenden Fahrzeug erlauben, in Richtung flacherer Gewässer zu laufen, bis die Schwertwale das Interesse verlieren.


c. Bei Schiffen unter Segel ist auf die Unversehrtheit des Kiels sowie alles, was sich auf die Stabilität des Schiffes auswirken könnte, zu achten. Deshalb wird empfohlen, im Fall einer Interaktion die Segel zu bergen und unter Motor zu abzulaufen.


d. Es wird empfohlen, so nah wie möglich an der Küste zu fahren, soweit es Sicherheit und bauliche Eigenschaften des Fahrzeugs erlauben. Dies gilt insbesondere vor der Bucht von Barbate, wo die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit Schwertwalgruppen in unmittelbarer Küstennähe geringer ist.


e. Jedes Schiff oder Boot, das die Anwesenheit von Schwertwalen oder anderen Walen beobachtet, muss sich - egal ob Interaktion oder nicht - strikt an die Bestimmungen des Königlichen Erlasses 1727 vom 21. Dezember 2007 halten. Darin sind Maßnahmen zum Schutz der Wale festgelegt, insbesondere solche, die darauf abzielen, jedes Verhalten zu vermeiden, das den Tod, Schaden, Belästigung oder Unbehagen der Wale verursachen können, sowie im Allgemeinen alle Verhaltensweisen, die in den Artikeln 4 und 5 des genannten Königlichen Erlasses aufgeführt sind.


f. Die an einer Interaktion beteiligten Schwertwale sind zu beobachten und nach Möglichkeit zu fotografieren. Diese Tätigkeiten dürfen nur unter Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen und in Ausübung guter Seemannschaft durchgeführt werden, ohne die Sicherheit der Schifffahrt oder entsprechende Regeln zu beeinträchtigen. Und nur dann, wenn es möglich und sicher ist, das Schiff oder Boot, die Personen an Bord sowie die Wale keinen größeren Risiken auszusetzen.


g. Was auch immer an neueren Anweisungen oder Empfehlungen besteht, sollte an Seeleute weitergegeben werden.


h. Es wird daran erinnert, dass jeder Kapitän oder Skipper verpflichtet ist, Ereignisse zu melden, die eine Gefahr für die Schifffahrt darstellen. Daher sollten Interaktionen mit Schwertwalen der zuständigen Koordinierungsstelle des Seerettungsdienst gemeldet werden.






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