Montag, 10. Juni 2019

Von England nach Irland und Schottland(1): Aufbruch in England. Levje geht fliegen und kommt ins Wasser.

Meine Frau meint ja, ich solle mit Levje möglichst bald wieder ins Mittelmeer.
Aber ich habe an diesem England nun mal einen Narren gefressen.
Also bleib ich diesen Sommer noch dort. Und wo meine Reise hingeht, verrate ich in einem der nächsten Posts. Heute eine Geschichte über meinen Aufbruch von Hayling Island,
einer kleinen Insel östlich der Isle of Wight, wo Levje über den Winter lag.



Wo war ich stehengeblieben im letzten Herbst? Ach ja. Auf Hayling Island - auf der kleinen Insel nordöstlich der Isle of Wight ließ ich Levje über den Winter in Wilsons Boatyard zurück. Der Platz war idyllisch gelegen am Mengham Rythe, einem Gezeitenfluss.

Aber so schön der Platz am Gezeitenfluss ist, so schön die Eichen rauschten, der Fasan am Morgen krächzte und die Fledermäuse abends flatterten: Vor dem Kranen und Wassern von Levje habe ich Bammel. Ich bin nicht der einzige. Aber das lassen sich der stille Sean, der das Wassern leitet und Andy vorher nicht anmerken. 

Schon die Ansteuerung im Herbst war nicht einfach gewesen. Mit Levjes zwei Metern Tiefgang war der Ort nur bei Springtide erreichbar, also dann, wenn die Tide einmal im Monat am höchsten war. Was an einem Vormittag auf dem Bild oben wie ein still ruhender See aussieht, ist sechs Stunden später nur noch ein kümmerliches Rinnsal ablaufenden Meerwassers zwischen den im Schlick sitzenden Booten:


Da hindurch sollte ich mein Schiff also wieder nach draußen steuern? Am Morgen sieht es so aus, als würde das Wasser niemals zurückkehren. Hier sollen also um 14.37 Uhr wieder drei Meter Wasser stehen? Hier soll ich zwischen den eng liegenden Booten die tiefste Stelle nach draußen finden? Ob wohl auch gleich der Motor anspringen würde? Kranen ist ja immer ein spannender Momment. Doch diesmal bin ich nervös. Richtig nervös.

Am Vormittag geht mein Schiff erstmal fliegen. Levje hängt am Kranhaken und hebt erstmal ab, über die umliegenden Boote hinweg von ihrem Winter-Landliegeplatz auf den mobilen Schlitten. 




Wenn siebeneinhalb Tonnen ins Schweben kommen, sieht das aus, als wäre mein Schiff ein Luftschiff. Nicht zum letzten Mal denke ich in solchen Momenten an die 17-Meter-Schiff eines Freundes, die beim Transport im Werftgelände einfach auf die Seite knallte. Aber alles geht gut, mit dem Transport jedenfalls. Nur der Fluss, der lässt sich am Vormittag etwas Zeit:


Warten also, bis um zwei. Beim Mittagessen nehme ich mir vor, im nächsten Leben cooler zu sein, als ich es in diesem bin. Ich bringe kaum einen Bissen runter und bin mit dem Kopf woanders. Hoffentlich geht das alles glatt. Seit Tagen weht der Wind böig, statt abzuflauen hat er an diesem Morgen noch zugelegt. Was mache ich, wenn der Motor ausfällt und der böige Südwest uns in Sekunden aufs nächste Flach vertreibt? Einfach den Anker fallen lassen? Wäre ja das übliche Mittel der Wahl, im Gezeitenfluss aber nichts weiter als eine blöde Idee. Ankern im ablaufenden Wasser? Dann läge Levje bald auf der Seite im Schlick.

Erstmal rollt Sean Levje auf dem mobilen Schlitten in den Fluss, dessen Wasser mittlerweile am Steigen ist. Tiefer rollt der Schlitten und tiefer, bis der Motor des Schlittens blubbernd 


unter der Wasseroberfläche verschwindet wie ein U-Boot, bis nicht mehr zu sehen ist und Levje wieder richtig schwimmt. Im Herbst fand das alles noch auf einem einfachen Stahlschlitten statt, den ein Traktor an einem 50 Meter langen Stahlseil samt meinem darauf geparkten Schiff wie auf einem Ochsenkarren rumpelnd aus dem Meer zog. 


Aber mit dem neuen Schlitten ist das alles einfacher. Dann lösen Sean und Andy die seitlichen Gurte, die Levje bis hierhin getragen haben. Zum ersten Mal seit Herbst schwimmt Levje wieder. Ich drehe den Zündschlüssel - noch so ein heikler Moment, ob der Motor auch ohne Mucken anspringt. Nur ein kurzer Dreh: Dann ist er auch schon da und legt los. Als hätte er nur gewartet, dass es endlich wieder los geht.

Dann geht es zwischen den Reihen vertäuter Boote hinaus, die halbe Meile hinüber bis zur Sparkes Marina. Und damit ich mich zwischen den wenigen Seezeichen und all den herumliegenden Booten auf der weiten Wasserfläche und den wenigen Seezeichen nicht verfranze, fahren Sean und Andy im Dinghy den Flussarm voraus. Alles ist wunderbar. Der Motor läuft. Das Schiff schwimmt. Der Wind böt und die Sonne scheint. 



Ein ganz großes DANKE an Sean (ganz rechts) und Andy (man kann nur schwer um ihn drumherumsehen). Als Levje wieder im Wasser schwimmt, bin ich nicht der einzige, der aufatmet. "Deine Levje war der dickste Fisch, den wir in diesem Frühjahr mit unserem neuen Schlitten ins Wasser brachten", grinsen beide hinterher verschmitzt. 

Ihr habt einen tollen Job gemacht! Sean und Andy werden die Werft von Dave (Bildmitte) und seinem Bruder Barry übernehmen - und ich wünsche Euch beiden alles, alles Gute für Euren Sprung in die Zukunft auf Eurer Werft. Und Dave und Barry für ihren Aufbruch in den Ruhestand.


Hinweis: 
Dieser Post ist keine bezahlte Werbung. Durch die Veröffentlichung erhalte ich keine Vorteile von Wilsons Boatyard, weder in finanzieller noch sonstiger Form.



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