Dienstag, 31. Januar 2017

Die BOOT 2017: Mareike Guhr. Weltumseglerin. Vier Monate danach.




Ein kleiner Konferenzraum  auf der BOOT in Düsseldorf. An der Wand hängen Seekarten von Atollen. "Cocos (Keeling) Islands" steht auf einer. Darunter sitzt Mareike Guhr im blauen Hemd, Weltumseglerin und Trägerin des diesjährigen TO-Preises. Sie lacht ein ums andere Mal, ein energiegeladenes Bündel von Frau. Ihr Gesicht ist immer in Bewegung ist offen, herzlich, sympatisch. Nein, nicht bloß offen. Der Welt offen.
„Mein Vater war Zahnarzt. Als ich zwölf war, nahm er ein Entwicklungshilfeprojekt auf den Seychellen an. Meine Schwester und ich begleiteten ihn. Vielleicht war meine Schwester damals wirklich noch zu klein - doch mich hat das alles sehr beeinflusst. Irgendwie hat das meinen Horizont erweitert. Irgendwie hat dies Reisen mir auch damals schon eine andere Einschätzung der Welt vermittelt. Und eine Offenheit, die man nur durch Reisen bekommt.“

Später war sie bei der YACHT und schrieb als Journalistin für WELT und HAMBURGER ABENDBLATT. Aber selbst Ihr Leben in Hamburg am Wasser trieb ihr nicht die Sehnsucht nach Mehr aus. Sie tagträumte von der Südsee, von Tahiti, den Tuamotus. „1999 war das dann soweit. Via Charter kam ich nach Tahiti und war dort unterwegs. Irgendwie ergab es sich, dass ich dahin kam, wovon ich geträumt hatte. Und das war nur der Pazifik. Tuamotus, Marquesas - nach Tahiti wurde mein Wunsch noch stärker, dorthin zu gelangen, wohin ich mit einem Charterboot nicht kommen kann."




Es sollte allerdings noch dauern, bis ein richtiger Törn im Pazifik daraus werden sollte. Sie schaffte den Absprung erst nach einem einschneidenden Erlebnis. „Was den Ausschlag gab, dass ich lossegelte? Das war der Tod einer Freundin. Ich war erschüttert. Und ich fragte mich danach: Hab’ ich überhaupt noch die Zeit, das zu tun, was ich eigentlich will? Der Tod jener Freundin war ein klarer Warnschuß. Eine Erinnung daran, dass ich nur dies eine Leben habe. Und dass ich jetzt leben muss, was ich mir vorgenommen habe. Ich habe mir danach die klare Aufgabe gegeben: Ich will das tun. Ich will meine Reise jetzt realisieren.“

Sie realisierte. Und segelte auf einem 15-Meter-Katamaran, der nicht ihr eigener war, um die Welt. Und während sie davon erzählt, dass es den Anschub brauchte, fällt der eine Satz: „Jeder Mensch hat die PFLICHT, glücklich zu werden. Weil er nur dann wirklich Wirkung erzielen kann. In der Welt.“

Was sie denn als schönsten Moment ihrer vierjährigen Reise empfunden hätte? „Der schönste Moment ist das Losfahren. Der Punkt, wo es losgeht. Wo mit einem Mal die Anspannung der Organisation, der Vormonate abfällt. Ich hätte kein Interesse, nur auf dem Wasser zu sein. Das Losfahren ist immer wieder das Beste. Der Aufbruch.
Das schönste sind auch die Nachtwachen. Die viel intensivere Wahrnehmung. Es ist nur ein kleiner Teil dessen, was ich als das intensivere Erleben auf meinem Boot bezeichne.“

Und wie geht es ihr jetzt, wieder an Land? „Ich bin jetzt seit drei bis vier Monate wieder da. Großes Entsetzen. Über das echte Miteinander, das es hier nicht mehr gibt. Dass es zuviele Dinge sind, die auf mich einstürzen. Es sind soviele Dinge - nicht nur solche, die auf mich einstürzen, sondern auch Projekte, in die ich mich selber wieder reinziehen lasse und die mich gefangen nehmen. Lebt man in diesem Land, ist es schwierig, sich dessen Rhytmus zu entziehen. Der Wunsch wieder loszufahren, wird jedenfalls stärker; stärker als ich es wollte. Ich bin so anders als meine Schwester. Sie hat zwei Kinder, ist Grundschulllehrerin, es ist ein gutes Leben und doch so anders als meins. Denn ich bin das totale Gegenteil.“

Und immer ist es ein Hauch von Trauer, der über all ihrer Energie und ihrem fröhlichen Gesicht liegt. Trauer, als hätte sie tatsächlich vor langer Zeit jemanden verloren, der eine wichtige Rolle in ihrem leben spielte. Als wüsste sie , was "jemand verlieren", "von etwas Abschied nehmen" bedeutet. Und spricht auch darüber, obwohl wir uns kaum kennen. In diesem Fall vom Abschied von ihrem Boot, dem Katamaran MEDIANOCHE. Was sie da bewegt, kann nur verstehen, wer selber länger auf einem Boot unterwegs war. Und für den das eigene Boot nicht bloß mobile Behausung, sondern vom Gefährt zum Gefährten wurde. Mareike sagt das so: „Zu den emotional wichtigen Dingen bei so einem Törn gehört auch die Liebe zu seinem Boot. Bei mir war das MEDIANOCHE. Sie war ja nicht mein Boot, ich musste es zurückgeben. Das fällt mir schwer. Und es fiel mir schwer, MEDIANOCHE zu verlassen.“

Und jetzt? Auf ihrer Webseite steht, Wilfried Erdmann habe sie zum Langfahrtsegeln gebracht. Er habe gesagt: „Fahr los. Und such Dir eine schöne Insel. Irgendwo. Und dann: Schreib ein Buch.“ Hoffen wir tatsächlich, dass Mareike Guhr ein Buch schreibt. Es wäre sicher ein ganz und gar Ungewöhnliches.





Nicht so lang wie die Reise von Mareike Guhr. 
Aber macht mindestens soviel Mut wie Mareike Guhr:


Was passiert, wenn das Leben die gewohnten Bahnen verlässt? 
Was geschieht, wenn man sich einfach aufmacht und fünf Monate Segeln geht? 
Darf man das? Und wie ändert sich das Leben?
Der Film einer ungewöhnlichen Reise, der Mut macht, seinen Traum zu leben.


Der Film entstand nach diesem Buch: 
Geschichten über die Entschleunigung, übers langsam Reisen 
und die Kunst, wieder sehen zu lernen
Einmal München - Antalya, bitte. 





Sonntag, 29. Januar 2017

Die BOOT 2017: Emily. Das Meer. Und das Plastik.

Menschen am Meer. Live auf der BOOT 2017.


Es ist ungewöhnlich, was Emily Penn da macht. Und WIE sie es macht. Sie rebelliert nicht. Sie radikalisiert nicht. Sie leistet keinen Widerstand. Emily kämpft einfach gegen all das Plastik, das weltweit in den Meeren schwimmt. Ihre stärkste Waffe ist nichts anderes als ihr Lächeln. Das Lächeln einer 29jährigen.

Ungewöhnlich ist auch Emily Penn’s Geschichte. Sie ist geboren in Wales, jener gebirgigen Gegend ganz im Westen Englands, wohin sich die letzten Kelten zurückzogen und walisische Kämpfer sich bis ins Mittelalter gegen die englische Vormacht stemmten. Als Emily fünf Jahre alt war, setzte sie sich im Sommerurlaub am Meer in einen Optimisten und beschloss zu lernen, wie man den segelt, ohne im Meer zu ertrinken. Sie lernte das so gut und so intensiv, dass sie begann, Regatten zu segeln. Erst Optimist. Dann 29er.

Die Regatta auf dem Meer, der "Sea Contest", bestimmte ihr Heranwachsen. „Ich war immer auf dem Boot, es gab keine sechs Tage, in denen ich nicht einmal auf dem Boot gewesen wäre“, sagt sie heute. Aber irgendwann war damit Schluß. Sie wollte anderes. "Irgendwas mit dem Kopf machen war plötzlich reizvoller, sagt sie heute. Was anderes als Boote und Wasser. Sie wählte Architektur. Aber kaum dass sie ihren Bachelor hatte, war das Wasser 


wieder da. „Ich bekam ein Angebot, bei einer Weltumsegelung als ‚Operations manager‘ an Bord mit einzusteigen. Also machte ich das. Und segelte ein halbes Jahr mit. Von England nach Australien und Neuseeland. Trotz meiner ganzen Segelei in meiner Kindheit und Jugend hatte ich keinen Schein. Das holte ich in Australien nach, wo ich für ein halbes Jahr blieb.“ Und dann: reizte sie die Südsee. Und auf dieser Reise per Schiff passierte es. Emily beschreibt es so: „Ich suchte das Paradies. Aber plötzlich sah ich das Plastik. All die kleinen Plastikfetzchen, die da im Meer treiben. Ich hatte das Paradies gesucht. Aber gefunden hatte ich das Plastik.“

Es war die Initialzündung. In Tonga angekommen, begann sie zweierlei. Als Lehrerin zu unterrichten. Und Gruppen zu organisieren, die gemeinsam den Plastikmüll vom Strand aufsammelten. „Das war vor allem eine mentale Sache“, sagt Emily. „Solange man denkt, der Plastikmüll am eigenen Strand käme von woanders, fühlt man sich machtlos. Aber ich fand heraus, dass der Plastikmüll auf Tonga zu 80% domestic war und aus Tonga selber stammt. Das hatte damit zu tun, dass die Einwohner von Tonga in den letzten 50 Jahren ihre Ernährung umgestellt hatten. Statt Nahrung von der Insel gab es jetzt Nahrung aus der Plastikfolie. Die Tongaer wussten einfach nicht, wohin mit der Verpackung nach dem Verzehr.. „Recycling“, „Nachhaltigkeit“, das war Lichtjahre entfernt. Das Plastikproblem auf Tonga war ein Problem, das erst die neue Zeit auf die Insel gebracht hatte. Plastik war ein Problem des Fortschritts.















Und an diesem Punkt unterscheidet Tongaer wenig von Europäern. Und Europäer wenig von Tongaern.

Man schätzt, dass pro Jahr knapp 10 Millionen Tonnen Kunststoffmüll ins Meer gelangen. Abfall, der mit den großen Meeresströmungen treibt. Langsam unter der Einwirkung von Sonnenlicht und Salzwasser zerbröselt und sich in immer kleinere Folien- und Hartplastikpartikel auflöst. Teile, die über Kleinlebewesen, Vögel und Fische wieder zurück in den Nahrungskreislauf gelangen.

Es waren 56 Tonnen Plastik die Emily auf Tonga einsammelte. Das Gewicht von 56 Kleinwägen, das Emily und ihre freiwilligen Helfer in Form angespülter Splitter, Fetzen, Flipflops, Tüten und Flaschen einsammelte. „Tonga war der Anfang. Ich wollte eine Lösung finden für das Problem, die nicht nur darin bestand, es aufzuräumen, wenn es irgendwo an Land gespült wurde. Ich musste an die Wurzel des Übels. Und die hieß: Nur wenn WIR komplett Plastik vermeiden, fällt es nicht mehr an am Strand." 

Das ist der eine Weg, den Emily einschlug. Der andere: Mit Unternehmen ins Gespräch zu kommen. Mit den Verursachern. „Aber da lernt man schnell, dass es keinen Sinn macht, an Türen zu klopfen, die sich niemals öffnen werden.“ Heute sucht sie Kooperationspartner anderswo. „Ich suche den Kontakt zu großen Firmen, die erkannt haben, dass es für ihre Marke wichtig ist, Verantwortung zu übernehmen für das, was schiefläuft in der Welt. Deshalb halte ich meine Vorträge wie hier auf der BOOT: Und gestern wurde ich angesprochen von einer solchen Firma: ‚Wir brauchen jemand wie sie. Wir wollen Sie unterstützen.‘“


Wo sie denn in 5 Jahren sein möchte, frage ich Emily. Wenn sie einen Wunsch frei hätte an die gute Fee: Was würde sie sich von ihr wünschen? Einen Moment denkt Emily Pen nach, ohne dass ihr Lächeln verschwindet. „Wir haben viele Universitäten. Und gute. Die bereiten mehr junge Leute als je zuvor für ihren Job aus. Aber es reicht nicht, junge Leute nur gut auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Was wir brauchen, ist eine ganz andere Universität. Eine, die sich  nur auf die Lösung unserer großen Probleme konzentriert. Eine Universität, die gleichzeitig in die großen Konzerne hineinwirkt, Querverbindungen schaftt und Unterstützung findet, um die großen Probleme anzugehen. Und das wiederum geht nur mit, nicht gegen die Unternehmen.“


Hoffen wir einfach, dass es die gute Fee gibt. Und dass sie einfach Emily Penn's Wunsch hört. Es wäre gut für das Meer. Und vor allem für uns.

Wer mehr wissen möchte: emilypenn.co.uk




Nicht so klug wie Emily Penn. Doch schön zu lesen:


Im Sommer 2016 umsegelte ich auf LEVJE Sizilien.
Dies ist der Reisebericht. Und die Beschreibung eines Segelsommers 
und einer Reise um eine Insel, die ihresgleichen sucht.
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Donnerstag, 26. Januar 2017

DIE BOOT 2017. Der große Traum. Vom neuen Boot.

Live von der BOOT in Düsseldorf ein paar Eindrücke.

Nein. Sozialist war ich nie. Eher von der Sorte "Leben und leben lassen". Aber wenn ich so durch Hallen mit den GFK-gewordenen Träumen der Serienhersteller schlendere, dann komme ich doch auf der diesjährigen BOOT etwas in die Krise. Eine nette 37er? Findet man noch bei dem mittlerweile etwas angestaubt wirkenden HALLBERG-RASSYs. Oder bei den - naja - etwas niedrigpreisigen DUFOURS. Schreitet man durch die Halle, gibts den Kunden fürs mittlere Segment wohl nicht mehr wirklich. Oder man überlässt ihn den kleineren Werften, den SARRES, den SIRIUS', den SCHÖCHLs.


Stattdessen suchen die großen Massenhersteller der vergangenen Jahre ihre Zukunft in schierer Größe. Man findet bekannte Namen, versehen mit großen Zahlen. Ein namhafter Franzose mit 63 Fuß. HANSE mit deutlich über 60 Fuß. OYSTER sowieso seit je her. JEANNEAU mit 64 Fuß. Kann das gutgehen? Wenn Hersteller, die man für ihre Billigproduktion schätzte (gerade letzterer), plötzlich am großen Kuchen des neuen Geldes mitknabbern wollen? Oder geht nur noch da was?


60-Fuß-Yachten von bekannten Serienwerften also überall. Steht es so um die Welt? Nach "Make America great again?" nun auch "Make boats great again?"

"Gekauft wird ein Boot mehr und mehr auf der Messe, nicht mehr auf dem Wasser.", sagt der Vertriebsmann eines der vertretenen Hersteller. Gekauft wird nach Raumeindruck, heißt das. Nach dem, was man auf einer Messe als echt großzügige Innenraumgestaltung empfindet. Nicht danach, was man eigenhändig noch zwischen den Dalben eines nordadriatischen Hafens anlegen kann. Nein, Größe ist gefragt. Aber - wenn ich den Gedanken weiterspinne - was sagt das über den Zustand der Welt? Vorbei mit "Wohlstand für alle?" Oder frißt einfach nur ein gewaltiges Überangebot auf dem Gebrauchtbootmarkt die Kunden weg, bevor sie auf der BOOT sich für einen der neuen Familiensegler zwischen 35 und 40 Fuß entscheiden können? Ich wünschte, ich wäre klüger und wissender, als ich es bin. Dann wüsste ich auch: Wohin diese Welt geht. Nein. Mich machen all diese 60 einfach nur ratlos, was da gerade passiert in der Welt.


Und dann das da: Eine ranke Schönheit. 50 Fuß lang. Kielhöhe knapp vier Meter. Zwei dürre Ruderflossen im Heck, die aussehen wie die kurzen Stummelflossen der gierig-schönen Jäger, die ich des Sommers gelegentlich an der Schleppangel habe: der schnellen blauen Makrelen. Schlanker Decksaufbau. Alles, aber auch wirklich alles an dieser Schönheit signalisiert Schnelligkeit. Und noch einmal: Wir reden über 50 Fuß Länge. Satte 15 Meter. Aber das: Ist erst der Anfang.

Denn das Ganze ist Spielzeug der Extraklasse. Accessoire, was es nicht auf den Edelmeilen der Welt zu kaufen gibt. Und beim Ferrari-Händler um die Ecke auch nicht. Ein edler Rennschlitten für die kleine sommerliche Ausfahrt zu zweit mal schnell die Adria runter. Und dann rechts abbiegen nach Sizilien. "Die macht 20 Knoten - wenn Du es willst", sagt Fortunato, und er muss es wissen, denn er macht den Vertrieb an der Adria.


Wer nun erwartet, dass im Inneren der Swan geschmackloser Protz herrscht: Weit gefehlt. Die Doppelkabine im Bug ist schlicht. Einfache Holzoberflächen. Die großen Schubladen unter dem Bett mit Ledergriffen - wie zu Studentenzeiten. Aber nicht aus Kostengründen, nein nein. Gewicht ist bei dieser Schönheit alles. Wir werden noch öfter darauf zu sprechen kommen.


Und was ist das da, was da vorne in der Eignerkabine ledergesäumt von der Decke hängt? Ein  Hängeklo? Ein tragbarer Schrankkoffer? Irgendwas, um jemand Ungeliebten ganz kurz mal wegzustellen? Nein. Es ist der Schrank für die Dame des Hauses, ein Leichtgewicht wie vermutlich sie selbst. Und wenns mal wirklich auf jedes Gramm ankommt: Dann hängt man das Ganze einfach aus.


Es geht weiter in der Welt der Wunder, die SWAN da in Schiffsform auf die Messe gestellt hat. Ein Bodenbrett, das ich da in der Hand halte, na klar. Und? Was wiegt es? Sie haben 30 Sekunden. Nein falsch. Das zentimeterdicke Bodenbrett, das ich da in der Hand halte, ist ungefähr so schwer wie eine Frisbee-Scheibe. Es wiegt keine 30 Gramm. Das ganze Wunderwerk ist vom Innenausbau dünnste Furniere auf leichtestem Trägermaterial. Außenwände und Schiffsrumpf komplett in Kohlefaser. Aber wir wollen ja nicht angeben - drum ist weißes Gelcoat drauf. Und so wiegt das ganze Mirakel in weiß gerade mal ein Drittel dessen, was eine handelsübliche 15-Meter-Serienwerft auf die Waage bringt.


Einen kleinen Punktabzug, aber nur einen klitzekleinen, gibts dann auch nur für die Bordküche. Die erinnert in etwa an eine moderne Office-Teeküche, und das nicht nur, was ihre Größe angeht. Sie ist nicht nur so klein gehalten, damit im schweren Seegang wirklich keiner beim Kochen umfallen kann, sondern - ja: Gewicht! Nein. Geschlemmt wird hier an Bord nicht. Sondern im Hafen.

Aber fragen wir jetzt nach solchen Petitessen, in welchen Adriahäfen man denn das 4-Meter-Tiefgang-Schmuckstück an welchem Schlängel rückwärts einparken kann. Fragen wir nicht, was diese nackte Schönheit denn kosten mag. Damit befassen wir uns nicht. Sagen wir einfach: Dass SWAN da etwas WIRKLICH Beeindruckendes und Innovatives geschaffen hat.

Nein. Sozialist war ich nie. 


PS: Das netteste Detail des Schiffes, was mich am meisten entzückte, das entdecke ich dann am Bug. Wo die Kräfte der SWAN zusammentreffen im Bug ist alles Edelstahl. Bis auf eines: Die Ankerkette. Die ist verzinkt. Weil... ja, vermutlich weil: Edelstahlketten zwar schöner in den Ankerkasten fallen, aber deutlich bruchanfälliger sind als verzinkte. Nein. Wie hübsch.



Jetzt neu. Und nein. Mein neues Buch ist braver als dieser Artikel:


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Dienstag, 24. Januar 2017

Ein neues Buch bei millemari.: EIN SOMMER LANG SIZILIEN.

In den nächsten Tagen berichte ich live von der BOOT in Düsseldorf.
Aber heute: Stelle ich zunächst mein neues Buch vor.
Live aus dem B&B Hotel in Duisburg.



Es ist kalt. Es ist die letzte Woche im Januar. In Düsseldorf ist die BOOT. Und ich bin eben zusammen mit Susanne von millemari. in Duisburg im B&B Hotel eingetrudelt. Es ist 22 Uhr. Und der Blick aus dem Hotel macht die Jahreszeit auch nicht besser.

Unendlich weit weg scheint der letzte Sommer, in dem ich mit LEVJE Sizilien umrundete. Und weil das alles soweit weg ist, bestellt die freundliche Tanja Rosenbaum, Vielleserin und Hotelchefin, für uns erstmal Pizza beim Bringservice. Und etwas Wein. Ein klein wenig Sizilien in Duisburg - wo Sizilien doch weiter nicht weg sein kann.

Und für alle, die das Meer lieben und denen es gerade genauso geht, ist mein Buch. Ein bisschen Sehnsucht nach dem Sommer, dem Blau des Meeres im Süden Siziliens. Ein bisschen Segelgeschichten - darüber wie es ist, von Korfu herüberzusegeln, einen langen Schlag im November, ein Segelabenteuer. Wie es ist, den Winter in einem kleinen Ort in Sizilien zu verbringen. Und im Frühjahr übers Meer ins keine zehn Stunden entfernte Malta aufzubrechen. Wie einen dieses Sizilien allerorten empfängt: Mit seinen Bars. Mit seinem Barock. Mit seiner Einfachheit. Und vor allem: Mit seinem Essen, seiner Lebensart, seinen Menschen. Wie es ist, fünf Monate Zeit zu haben, um jede der Küstenstädte rundrum intensiv zu erleben.

Sizilien, so schreibe ich an einer Stelle, ist eine Reise in das alte Italien. Und das gilt im Guten wie im Schlechten. Das alte Italien, weil Shopping-Malls, Fastfood und Massentourismus noch Lichtjahre entfernt sind. Das alte Italien, weil hier Schönheit und Grobheit, Aufbruch und Hoffnungslosigkeit, Aufrichtigkeit und Selbstsucht eng beieinander liegen wie kaum woanders. Sizilien, an der Peripherie Europas gelegen, ist mehr Europa als anderswo.

Ich gebe zu: Ich habe mich bisschen vernarrt in dieses Sizilien, das manchmal entwaffnend herzlich, manchmal spröde ist. Doch eines war mein Segelsommer in Sizilien immer: Es war spannend und überraschend wie dieses Meer, das Sizilien umgibt: "Du weißt nie, was Du kriegst."



Und nun ist die Pizza da, in Duisburg, im Winter, nachts um halb elf. Und morgen: Da schreibe ich von der BOOT. Aber nicht, ohne an Sizilien zu denken. Und das Meer.




Im Sommer 2016 umsegelte ich auf LEVJE Sizilien.
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Montag, 2. Januar 2017

Segeln im Winter (3): Von Jesolo nach Venedig. Von Frauen und Kälte.

Im Folgenden eine Beschreibung, wie es ist, 
mal zwischen Dezember und Januar auf der Nordadria
unterwegs zu sein, zwischen Triest und Venedig.


Schon im Sommer kann der Verkehr in Venedig auf dem Wasser für einen Segler stressig sein. Doch jetzt, am 2. Januar, ist alles, wie es auch im Sommer ist. Wassertaxis, die rasant schneiden. Vaporetti, die manndeckend wie Fußballspieler auf Körperkontakt nahe kommen. Lastkähne, die queren. Autofähren vom Lido, die auf der Giudecca heranziehen. Venedig auf einem Segelboot: Das Wasser brodelt, ist so aufgewühlt, dass selbst die siebeneinhalb Tonnen von LEVJE II davon beeindruckt sind und ins Schwanken kommen.

Doch berichten wir der Reihe nach. Im gestrigen Post schrieb ich über unseren ersten Seetag: Dass Nacht und Kälte so schnell über uns hereinbrachen, dass ich beschloss, vor dem Strand von Jesolo an der offenen Küste im Dunkel zu ankern. Was insofern ein Wagestück war, weil keine 60 Kilometer südlich für die Nacht Südwest 4-5 angesagt war. Ich schlief mit offenen Ohren und alle zwei Stunden wach, erwartend, vom Stampfen des Schiffes in einem auffrischenden Libeccio geweckt zu werden. Aber nichts geschah. Nur Morgens wurde es trotz Heizung kühl an Bord. Die Temperatur schien gegen Morgen unter Null gefallen zu sein.



Jesolo beim Aufwachen vom Meer aus gesehen: Ein Anblick wie ein abstraktes Gemälde. Menschenleere Appartmenthäuser, die den Betrachter anblicken wie gelangweilte Gesichter, die das Getriebe der Menschen leid und ledig sind und sich jede Nacht den Überdruss erzählen. Aber vielleicht ist den Gesichtern der Menschen Tun und Treiben auch egal. Oder nicht mal das. Kein Licht Nachts. Kein Mensch am Tag. Jesolo. Was könnte man schon für eine schönere Geschichte erzählen. Über den Menschen und seine Sachen, die er so in die Welt stellt.



Kommen wir nun zu einem anderen Thema, das Segeln im Januar im nördlichen Mittelmeer so mit sich bringt. Die Kälte. Und wie Frau damit umgeht. Nicht dass ich dächte, dass Mann und Frau - was Kälte angeht - grundsätzlich von Gott unterschiedlich geschaffen wären. Nein. Aber meine Frau ist, was Kälte angeht, wenig kompromissbereit. Aber sie liebt nun mal das Meer, weniger das Segeln, aber kalt geht gar nicht. Überhaupt gar nicht. Kalt? Macht man einfach nicht.

Wir machten halt doch. Und haben für unser Wintersegel-Experiment eingepackt, was einzupacken uns möglich war. Und gerne gebe ich die Liste weiter für alle, die ähnliche Vergnügen wie das Wintersegeln anstreben:

Drei Garnituren Ski-Unterwäsche. (Trägt Katrin. Sieht man aber - fast - nicht.)
Thermohose.
Die guten Seestiefel (Ich habe vor Jahren wirklich lange gerungen, ob ich die 200-250 Euro ausgeben soll. Ich muss nun nach fünf Wintern zugeben: Sie sind jeden Cent wert. Ohne im Winter auf dem Meer gar nicht. Sie sind ein Vergnügen,)
Ski-Handschuhe (2 Paar)
3 Pullover. Fleece. Wolle.
Die vor einem Jahrzehnt bei AMERICAN AIRLINES geklaute federleichte bulligwarme Fleece-Decke.



Ach ja. Und eine Skibrille. Denn wie man weiß, ist vor allem die Sache mit dem "Wind Chill Factor" ausschlaggebend. Und die geht so: Das Thermometer unter der Sprayhood zeigt 14 Grad. Eigentlich frühlingshaft. Kaum dass wir beim Lido nach Venedig eingedreht sind, kommt der Wind voll von vorn. Und fühlt sich schneidend kalt an. Die Augen tränen. Sicht nur mehr eingeschränkt möglich.

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Am 1. Januar 2016 erschienen: Was man übers Segeln in Sizilien wissen muss:



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Aber weil die Einfahrt nach Venedig ja nun mal wirklich zum schönsten gehört, was man einem Menschen, der das Meer liebt, schenken kann, ist die Kälte eigentlich an diesem Tag - ein wohliger Bestandteil des Ganzen. Sie ist unzweifelhaft da. Die Augen brennen, Die Hände sind kalt. Sie ist Bestandteil unserer Reise. Es ist irgendwie stimmig. Der Winter, der späte Herbst, sie sind nun mal die beste Reisezeit. Wenn die Gesichter von Jesolo zu den Gesichtern zu Jesolo werden. Wenn die Welt wieder sich selbst überlassen ist. Wenn nur ein paar Fischer in wattierten Jacken draussen sind.



Wenn das Licht über Venedig milchig wird. Und die Brücken in der Stadt noch federleichter aussehen. Und wenn: Venedig still und leise seinen eigenen Gang geht. Jedenfalls in den östlichsten beiden Stadtvierteln in Sant' Elena und in Castello. Immer wieder zieht es mich hierher - was einerseits taktische Überlegungen hat: Hier gibt es gleich zwei Marinas. Und man ist zu Fuß in zwanzig Minuten bei San Marco.

Aber das Taktische erklärt den Zauber von Castello und Sant'Elena nur teilweise.




In Sant'Elena leben die einfachen Leute. Es ist das Viertel der Handwerker, der Mechaniker, der nautischen Werkstätten, der ACTV-Werften und der Lastkahn-Steuerer. Sant'Elena ist irgendwie normal, bescheiden, ja mehr als das. Jedes Mal, wenn ich hierher komme, ist der Gang durchs Viertel für mich Balsam auf die Seele. Es ist heilsam. Beruhigend. Nichts Schreiendes stürzt sich ins Auge. Nie war Sant'Elena so wertvoll wie heute. Weite Gassen, durch die ein paar Schulkinder laufen, rechtwinklig angelegt, dass ich denke: Was für ein Vergnügen das für die Kinder sein muss, um die Häuser herum Verstecken zu spielen.




Zur Normalität von Sant'Elena kommt noch hinzu, dass heute, am 2. Januar offensichtlich die Frauen von Sant'Elena sich zu einem Waschtag verabredet haben. Der Kälte trotzend, hängt im ganzen Viertel die Wäsche über den Straßen. Kaum Menschen. Aber dafür Wäsche zum Trocknen, die schlapp im Wind wedelt. Ein Anblick, der mich an meine Kindheit erinnert,



Was beileibe nicht bedeutet, dass Sant'Elena und Castello nur bei frischgewaschener Wäsche punkten. Es strotzt vor stillen pittoresken Winkeln wie dem einstigen Kreuzgang von San Pietro di Castello, die Jahrhunderte der eigentliche Dom von Venedig war, als der Markusdom ausschließlich "Regierungskirche" war. Dass hier einmal das große Leben war, erzählt der alte Kreuzgang. Geschichte ist, wenn Dinge sich selbst überlassen werden, einen Augenblick, und nicht im Dienst von irgendwas und irgendwem stehen, sondern einfach nur sich selber gehören.



Und so endet unser Spaziergang durch den Osten Venedigs, als das Licht schwächer wird und schwächer. Und die Kälte des frühen Abends durch die vielen Kleidungsstücke dringt. Und in den Gassen von Castello das Leuchten des Tages erlischt und nur noch in der Ferne über der Giudecca die Kuppeln Santa Maria delle Salute einen Hauch davon bewahrten.

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Am 1. Januar 2016 erschienen: Mein neues Buch über Sizilien.
Ich freue mich, wenn Sie mehr von MARE PIU lesen wollen:



Im Sommer 2016 umsegelte ich auf LEVJE Sizilien.
Dies ist der Reisebericht. Und die Beschreibung eines Segelsommers 
um eine widerspenstige Schöne. Und eine Insel, die ihresgleichen sucht.
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Segeln im Winter (2): An Neujahr über die Adria nach Venedig. Und: Ein NEUES BUCH bei millemari.

Im Folgenden eine Beschreibung, wie es ist, 
mal zwischen Dezember und Januar auf der Nordadria
unterwegs zu sein, zwischen Triest und Venedig.

Foto: Katrin von Canal

Die Farben.
Es sind wieder einmal die Farben, die den Winter auf dem Meer in Italien ausmachen.

Wir befinden uns in dem kleinen Städtchen Marano an den Lagunen von Grado. Ein kleines Städtchen, erbaut über einer Festung im Wasser auf einer Schlickinsel, von der nichts geblieben ist. Mit Fabrikgebäuden, die längst keine mehr sind. Am Wasser steht die kleine Bar AL MOLO von Martina Zuttion. Es hat acht Grad. Es ist Nachmittag. Die Sonne scheint durch das Glas mit Tocai, den Martina dort ausschenkt. Die Welt: Sie dreht sich richtig rum an diesem 31. Dezember 2016.

Foto: Katrin von Canal



























Dass sie sich richtig rum dreht, hat aber mit den Farben im vergessenen Örtchen Marano zu tun. Die einfache Hauswand, deren Rot gierig sämtliche Rottöne des Sonnenlichts herausfiltert, herausquetscht, um gleich noch intensiver im Rot zu leuchten. Das Blau der Gezeiten, die langsam unter der rostigen Brücke hindurchschieben, Richtung Meer. Wieder einmal ist alles so viel intensiver für mich am Meer. Als wäre im Meerwasser irgendeine Substanz enthalten, die in meinem Gehirn jedes Mal wieder für einen Ausstoß von Glückshormonen sorgt. Irgendeine Stofflichkeit, die mich alles intensiver sehen, intensiver hören lässt. Selbst Händels Arien, die wir in der Silvesternacht vom Boot über den fast verlassenen Hafen senden: Sie klingen noch einmal so intensiv im Frosthauch über LEVJE.

Foto: Katrin von Canal

Die Sonne geht spät auf, erst Viertel vor acht. Nachts hat es im Hafen um die Null Grad. Ich oute mich, wenn ich zugebe, dass ich die Heizung nachts laufen lasse, bei Null Grad ginge es auch mit drei, vier Decken, aber die neue LEVJE, die ich nun seit einigen Monaten mein Eigen nenne, bietet einige Annehmlichkeiten für das Reisen im Winter. Es ginge auch ohne. Aber schöner ist "mit".

Viertel vor acht also. Ich schaue aus dem Fenster. Und: schon wieder Farben. Die Pinien am Ufer des kleinen Hafens MARINA DI SANGIORGIO. Sattes Kiefernnadelgrün, das sich vor den schneebedeckten Gipfeln im Norden erhebt. Die Alpen aus Süden, aus dem Friaul: Sie sehen anders aus als unsere Alpen in Bayern. Es hat einfach damit zu tun, dass die Sonne sie von Süden beleuchtet.  Im zarten Rot des Morgens sehen sie einfach aus wie Berge des Himalaya. Wie Berge, auf denen die Götter wohnen.

Wir trödeln mit Frühstück herum. Es wird elf, bis LEVJEs Motor in der Kälte anspringt und wir aus dem Hafen langsam hinausziehen durch einen dichtgedrängten Fischschwarm. So reglos und dicht stehen die Fische, als würden sie sich wegen der Kälte reglos aneinanderschmiegen, dass das Echolot plötzlich nur noch 1,70 Meter anzeigt, als wir über die Tausende Fischleiber des kalten Brackwassers hinausgleiten.

Foto: Katrin von Canal

Nach dem Ablegen: Wieder Farben. Über den Fluss hinaus Richtung Lagunen. Das Braun des Schilfs. Die Götterberge hinter uns. Ein kleines Fischerhüttchen ganz rechts auf einer Schlickbank. Und dann: Meine Lieblings-Meeresfarbe: Das Blaugrüngrau der nördlichen Adria. Ich versage es mir, nun wieder einmal darüber zu schreiben, über diese Farbe, die es nur an bestimmten Orten gibt: In der Nordadria. Vor dem Gargano. Und: Im Süden Siziliens. Überall dort, wo Flüsse bestimmte Gesteins- und sonstige Sedimente ins Meer spülen. Es ist, als ... nein! Ich sage jetzt nichts weiter darüber. Diese Farbe, weil sie eine der schönsten Farben des Meeres ist, haben wir auf millemari.'s neuestes Buch vorne draufgenommen - siehe am Ende dieses Posts.

Foto: Katrin von Canal

Etwa eineinviertel Stunden dauert die Fahrt aus dem Flusshafen hinaus dorthin, wo die großen, ewig langen Sandbänke liegen, die die Lagunen trennen vom Meer. Die Lagunen, die Lignano bis Grado reichen: Man kann sie nur durch drei Zufahrten zwischen den Sandbänken erreichen. Die Wasserwüste hinter den Sandbänken ist nur zwischen den Dalben befahrbar. Wer rechts oder links hinausführe, würde schnell unweigerlich mit dem Kiel im Schlick steckenbleiben. So unendlich wie die Wasserwüste aussieht: Die hat außerhalb der Dalbenstraßen meist keinen Meter Wassertiefe.
So sanft sind die Farben, so duftig sind sie, dass ich meine, ich könnte schweben in dem großen Blau, das mich umgibt. Als würde dieses Blau alles Gewicht von mir nehmen, es fällt von mir ab und für Sekundenbruchteile denke ich wirklich: Ich bin nur noch ein schwebendes Teilchen, irgendwo in den Myriaden von Blau.



Nach Venedig sind es neun Stunden. Aber weil Katrin und ich zu lang herumgetrödelt haben am Vormittag, holt uns der Sonnenuntergang schnell ein. 17.39 Uhr. Bis halb drei konnte man im Pullover herumlaufen. Dann kam etwas Wind auf. Wir holen uns schnell die dicken Segeljacken, drei Lagen Hosen tragen wir eh übereinander, alles, aber auch wirklich alles hat seinen Preis. Aber um diese Farben zu sehen, dieses ölig-teerige tiefe Schwarzblau, das das Meer nun zeigt: Dafür würde ich schon weit laufen. Und: den orangen Saum, den die Sonne noch eine Viertelstunde über die Kim wirft und über die Lichter, die an den verlassenen Uferstraßen angehen.

Weil die Nacht ruhig scheint, weil es kalt wird, beschließen wir, draußen einfach offen auf dem Meer zu ankern. Ich habe LEVJE II einfach mit dem schwindenden Licht des orangen Saums nahe ans Ufer gesteuert. Habe ihren Anker einfach auf dem offenen Meer vor dem Strand von Jesolo auf 4,50 Meter Wassertiefe fallen lassen. Ich hoffe, dass die Wetterberichte recht haben. Und die Südwest 4-5 erst morgen Vormittag beginnen, auflandig auf die Strände von Jesolo zu wehen. Wenn nicht: Muss ich heute Nacht raus, in die Kälte. Es hat um die Null Grad unter dem klaren Sternenhimmel.

Hoffen wir also auf eine ruhige Nacht. Auf LEVJE, die sich sanft in der Kälte vor dem Strand von Jesolo wiegt.


Morgen geht es weiter mit:
Ankunft am Vormittag in Venedig.


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