- gutwillige Geduld lehren,
- Freiheit von Selbstsucht,
- die Gewohnheit, für sich selbst zu handeln,
- und aus jedem Geschehnis das Beste zu machen,
kurzum: er sollte die charakteristischen Eigenschaften des Seemanns besitzen.
Gestern 12 Uhr. Insel Fenoliga, der südlichste Punkt Istriens. Da stehe ich nun am Steuer, bereit, den Anker aufzuholen und abzulegen. Alles funktioniert. Der Motor springt auf ersten Dreh des Zündschlüssels an. Die Ankerwinsch legt los auf Tastendruck, holt Kette um Meter. Und dann das: Plötzlich ein gequältes Jaulen der Winsch. Vom Steuer sehe ich, wie sich Levje's Bug um 70 Zentimeter nach unten senkt und dort verharrt, als würde etwas mit aller Kraft nach unten ziehen. Im selben Augenblick quittiert die Ankerwinsch den Dienst. Der Anker hat sich verklemmt!
Ich kenne das. Wenn ich segle, verbringe ich, so viel ich kann, vor Anker. Laut meinem Logbuch über 95%. Ich gehe nur in den Hafen, wenn ich es muss. Wenn Wasser oder Diesel zur Neige gehen. Oder Lebensmittel.
21 Kilogramm schwer. Fast 40 Zentimeter breit. Mein Bügelanker. Arbeitsmotto: Was er erstmal hält, das hält er. |
Ich habe schon alles mögliche vom Grund nach oben geholt. Letzten August auf Kefalenia eine schwere Bojenkette im Hafen von Agia Eufemia. Auf einem meiner ersten Törns im Industriehafen von Barletta/Apulien im Südwesten der Adria das tote Ende eines schwere Stromkabels. In Kroatien hängt der Anker immer mal - in Felsen.
Das gute an der Situation ist: Wer hängt, der hängt erstmal bombensicher. Den vertreibt es nicht in Richtung Felsen. Meist reicht es dann, Ketten, Kabel, Netze, schwere Trossen nach oben zu holen, soweit es eben geht. Hinabzutauchen, einen Festmacher um das Ärgernis zu legen und beide Enden des Fenstmachers auf Zug an der Bugklampe zu belegen. Von Bord aus hängt man den Anker mithilfe der merklich erleichterten Winsch aus und lässt das Teil wieder dorthin sinken, wo ein Anker es fand. Ins ewige Vergessen auf 5-7 Metern Wassertiefe.
Doch es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn man nicht wie gewohnt den Anker nach oben holt, sondern sich der Bug ins Wasser senkt und so bleibt. Ich mühte mich eine Viertel Stunde. Versuchte mit Motorkraft, in alle Richtungen zu ziehen. Das war nicht sonderlich klug - aber so handelt man nun mal, denn: "Das hat doch bisher immer gut funktioniert."
Weg mit solchen Gedanken. Mein alter Spruch ist: "Wenn's nachts draußen vor dem Zelt raschelt, geh nachsehen!" Wenn du Angst hast, geh raus und finde die Ursache. Sieh nach! Schau genau hin!
Ich nehme Taucherbrille und Schnorchel, steige ins Wasser und verlasse Levje. Erstmal sehe ich gar nichts. Die Kette verschwindet unter einer wuchtigen Felsnase, die nach Westen offen ist. Vom Anker nichts zu sehen. "Der muss sich wohl voll genau unter der dicken Felsnase verkeilt haben. Wenn ich mit loser Kette genau nach Westen steuere, müsste ich den Anker doch unter der Nase rausdrehen können."
Erster Versuch? Scheitert. Zweiter auch. Nochmal ins Wasser. Noch mal genau ansehen.
Das Problem beim Alleinsegeln ist: Ich bräuchte einen zweiten Mann/Frau im Wasser, der mich in die richtige Richtung bugsiert. Hab ich aber nicht. Also streng dein Hirn an. Steuere genau. Such dir vom Wasser aus an Land die richtigen Peilmarken.
Etwa eine dreiviertel Stunde brauche ich. Aber am Ende klappte es!
Übrigens: Wer genau wissen will, wie das mit den Trossen, den Stromkabeln und den Unterwasserfelsen abwerfen aus eigener Kraft klappt: Heute Mittwoch, 3.10.23 Abend um 19.30 Uhr erzähle ich in meinem Webinar übers Ankern anhand von Grafiken, wie man sich von Ballast am Anker befreit. Und darüber, wie man möglichst stressfrei ankert. Über die häufigsten Irrtümer beim Ankern. Wie man sie leicht vermeidet. Und über richtige und falsche Freunde beim Ankern.
Denn in einem bin ich mir sicher: Ich werde mir beim Ankern sicher wieder einen einfangen irgendwo. Denn wenn man viel und überall ankert, gehört das mit dazu. Es gehört dazu, wie der Fehler zum Segeln - siehe meinen vorigen Post.
Mein heutiger Standort: Insel Rab, Bucht von Kampor.