Bei meinen Reisen kehre ich oft an dieselben Orte zurück. Schließlich ist es ja nicht so, dass es viele Orte gäbe, die man einfach aufsucht: Und schon ist man glücklich mit sich und der Welt. In Formentor ist das aber so. Es ist ein abgelegener Ort in der nördlichsten Ecke Mallorcas, aber das ist noch nicht präzise genug: Man muss der äußersten gebirgigen Verlängerung der Serra Tramuntana, des langen nördlichen Gebirgszugs Mallorcas, bis an ihr alleräußerstes Ende folgen, dahin, wo nur noch Gestrüpp und dürre Gräser
sich zwischen die Felsbrocken klammern.
Formentor ist ein abgelegener Ort, auch wenn dort heute - quer durchs Gebirge, über Heide, durch Kiefernwälder und Schafweiden - eine gut ausgebaute Straße hinführt, auf der sich selbst im frühen Januar tagsüber die Autos drängeln. Der Leuchtturm liegt da, wo die Welt endet: Auf einer Klippe zwischen anderen Klippen, ein Fels mitten in der Unendlichkeit. Nur noch ein Ziegeldach über einem weißen Gemäuer - und dann nichts mehr, aber auch gar nichts mehr als Blau und duftige Wolken jetzt im frühen Januar.
Kein Ort, wo man denn gerne wäre, im Sturm. Wie oft haben wohl Segler und Seeleute hinaufgeschaut zum 210 Meter hoch gelegenen Leuchtfeuer mit der inbrünstigen Bitte "Lass mich jetzt nur schnell herumkommen um diese Huk, in den Frieden und das ruhige Wasser auf der anderen Seite." Oder wie wir, nach 20stündiger Überfahrt herüber von Barcelona mit den Segelrebellen im März letzten Jahres - aber das ist eine andere lesenswerte Geschichte.
Weiterlesen bei: KEIN GANZ NORMALER TÖRN: Von Barcelona nach Mallorca. Hier.
Er hat auch schon einige Jahre auf dem Buckel, der Leuchtturm. Wahrscheinlich hatten schon die Römer hier in der Nähe ein Leuchtfeuer, schließlich lag die wichtigere ihrer beiden großen Städte nur noch ein paar Seemeilen entfernt, Pollentia, die Mächtige, als die zweite Stadt Palma Palmensis wirklich noch die zweite und nicht wie heute die erste Geige auf Mallorca spielte. Spätestens als die Vandalen über die Insel kamen, sie ausplünderten und ihre kurzlebige Thalassokratie, ihr Seereich von Nordafrika aus errichteten, war Schluss mit Licht und Leuchtzeichen. Für lange Zeit. Erst um 1857, als die industrielle Schiffahrt einsetzte und das Mittelmeer dank Dampfschifffahrt einen neuen Aufschwung nahm, begann man mit dem Bau eines neuen Leuchtturmes. Das neue Feuer wurde am 30. April 1863 entzündet und mit Olivenöl betrieben. Der Bau war dermaßen schwierig, das Terrain derart abgelegen, dass es unerhörte Anstrengungen kostete, das Leuchtfeuer zu bauen. Weswegen dann auch der Bischof von Mallorca ausnahmsweise auch der Samstags- und Sonntagsarbeit zustimmte, allerdings den bischöflichen Dispens unter der Bedingung erteilte, dass die Arbeiter jeden Morgen an einem provisorischen Altar die Messe hören konnten
.
Auch die Versorgung des Leuchtturms blieb schwierig. Die ersten Arbeiter hatten einen 17 Kilometer langen Saumpfad von der Bucht Cala Muerta heraufgelegt. War das Wetter gut, was es in dieser sturmreichen Ecke offensichtlich nicht oft war, konnte man im nahegelegenen Moll dell Patronet anlegen, nicht mehr als einer Lücke in den Felsen, von der die Arbeiter 272 Stufen herauf in den harten Fels geschlagen hatten.
Die Sache mit dem Olivenöl entpuppte sich auch nicht als der wahre Jakob, so dass man bald auf Paraffin umstellte. Und kaum war das Benzin in der Welt, stellte man darauf um, bis der Fortschritt 1962 in Gestalt einer Stromleitung auf die Insel und vor allem nach Formentor kam. Neue Linsen gabs dann 1971, und so sendet der Leuchtturm heute Nacht, wie jede andere Nacht seine Blitze über 40 Kilometer weit in die Nacht hinaus: vier weiße Blitze alle 20 Sekunden. Und weist denjenigen den Weg, die in die Häfen von Pollenca und Alcudia wollen - dorthin, wo schon die Römer hinwollten vor 2.000 Jahren: Zu ihrer Hauptstadt Pollentia, die heute unter dem alten Alcudia liegt.
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Vom Autor von MARE PIU:
Ein Mann verliert seinen Job.
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Und reist in fünf Monaten: Von München nach Antalya.
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