Was also tun mit einem Zackenbarsch, der den Bauch voller Knoblauch und feiner Kräuter hat und kaum erwärmt auf einem Karoffelbett und Wurzelgemüse herumlieg? Ihn aufgeben? Kam gar nicht infrage. Dafür ist der "orfoz", wie ihn die Türken nennen, zu sehr echte Delikatesse in der Türkei. Aber: wir hatten schnell einen Plan, wie wir doch noch zu unserem Zackenbarsch kommen würden: morgen, und ganz ohne Gas.
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Also packten wir den prächtigen Kerl erstmal weg. "Sott'olio", wie die Italiener sagen, unter eine Menge Olivenöl, und mit den Kräutern, wie er war. Und während wir ihn so betrachteten, den herrlichen Fisch, und in den Kühlschrank schoben: erzählte er uns etwas über sein Leben.
Man erkennt ihn an seinem großen vorstehenden Unterkiefer und dem langen Kamm an Rückenstacheln. Auffällig ist auch seine braunrote Farbe. Und die Flecken. Irgendwie erinnert er an einen Karpfen. Groß wird er, über einen Meter lang. In den Meeren um Florida wird er sogar über zwei Meter. Und alt. Sein Leben lebt er als Einzelgänger, sucht sich irgendwo am Riff eine Höhle. Da lebt er dann, mit anderen Zackenbarschen, wie ein zurückgezogener Rentner in seiner Wohnanlage. Für sich. Aber in Blickweite der anderen. Und da, in seiner Riffhöhle wartet auf Beute: Meist kleinere Fische oder Krebschen, die er mit blitzschnellem Vorstoß aus seiner Höhle packt und mit rascher Öffnung des riesigen Mauls in sich saugt. Zackenbarsche sind, obwohl sie mehr Ähnlichkeit mit Karpfen haben, erstaunlich gute Jäger. Sie sind, wie manche Menschen, die ich kenne, echt "faule Socken": das lange Verfolgen der Beute ist ihre Sache nicht. Das blitzschnelle Zustoßen und dann wieder träge in der Behausung verharren: dies schon.
Der Zackenbarsch sieht immer etwas übellaunig, wo nicht gar beleidigt aus. Das liegt an seinem langen, markanten Unterkiefer. Aber warum und worüber er schlechter Laune oder gar beleidigt ist: darüber schweigt er sich aus, der Zackenbarsch. Vielleicht liegt es daran, dass er in der Türkei wie auch anderswo im vergangenen Jahrzehnt zuviel gejagt wurde. Mit dem Netz kommt man ihm nicht bei. Nur mit der Angel oder schlimmer: mit der Harpune. Und so beschloß der Zackenbarsch, der eigentlich sehr standorttreu ist und immer in seiner Wohnanlage lebt: dass es Zeit sei für Veränderung. Und deshalb hat er sich in den letzten Jahren einfach - zurückgezogen. In viel größere Tiefen. Feisal, der Fischausnehmer auf dem Fischmarkt von Fethiye - über ihn werde ich in meinem nächsten Beitrag schreiben - erzählt mir, dass die Fischer jetzt an den Zackenbarsch in Tiefen von 200, 300 Metern und mehr herankommen. An den Steilküsten der Türkei keine Seltenheit.
Und dies macht ihn dann auch so teuer: Die Jagd auf ihn ist aufwändigste Angelegenheit, ihm einfach mit dem Netz beikommen zu wollen, lässt den Zackenbarsch kalt. Und so ist der Zackenbarsch eine teure Delikatesse. Ibrahim, der Restaurantbesitzer, über den ich im vorigen Beitrag schrieb und der mir einen verkaufte, hatte ungefähr zehn, fünfzehn frische in seiner Kältetruhe.
Allein schon deshalb dürfen wir unseren Zackenbarsch nicht verkommen lassen. Die Lösung: ist der Fischmarkt von Fethiye. Am Abend motoren wir die zweieinhalb Stunden über den Golf und tragen unseren Zackenbarsch zum Fischmarkt von Fethiye. Und weil der mit der Besonderheit aufwartet, dass man dort seinen Fisch nicht nur bei den laut schreienden Fischverkäufern in der MItte des Marktes kaufen, sondern ein paar Meter weiter in jedem der umliegenden Restaurants abgeben und zubereiten lassen kann: kommt unser Zackenbarsch am Abend auf den Grill. Und erweist sich, sobald er auf unserem Teller lag, aller Mühen wert. Mit frischem Salat und einfachem türkischen Weißwein ein echtes Gedicht. Fast wie ein Seeteufel.
Seien wir also einen Moment dankbar: Dafür, dass der Zackenbarsch auf unserem Teller landete. Und dafür: dass zur rechten Zeit auf LEVJE das Gas ausging.
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