Klassische Armaturen, klassisches Holzlenkrad, einfache Eleganz: das rote Motorboot aus den 50er Jahren. |
Über Nationen, ihre Vorlieben oder Abneigungen nachzudenken, ist ein weites Feld. Zu meinen Vorurteilen, die ich mir über verschiedene Nationen und deren Mentalitäten ausmale, gehören diese:
Über die Deutschen und deren Selbstverständnis: "Ich rüste mich aus: also bin ich." Bevorzugt mit überflüssigen Sport-Accessoires. Vor allem mit Fahrradhelmen, die der Requisite der legendären Alien-Filme entnommen sind. Und am liebsten mit schrillen Fahrrad-Klamotten aus schöner Chemiefaser.
Über Slowenen und Kroaten: "Ich spreche laut, deutlich hörbar und schreie ins Handy, wenn's irgend geht: also bin ich." Ich schrieb bereits darüber.
Über Italiener: " Ich mache farbigen Krach, der cool aussieht: also bin ich."
"Farbiger Krach", der begegnet einem in diesem wunderschönen Land zuhauf. Er quillt in Restaurants aus großformatigen Fernsehern. Oder umwallt mich in Gestalt der Wassermotoräder, die mich oft in einer einsamen Bucht wie Hornissen umrunden, weil sich den Armen halt grad in der Weite des Meeres kein anderes lohnendes Ziel bieten mag. Oder, und jetzt komme ich zu einer schönen Sorte "farbigen Krachs": in Gestalt von schrillgelber VESPAs (deutsch: Wespe), schwarzen APEs (deutsch: Biene), alten FIAT 500 und neuen FERRARIs, vor allem aber knallroten DUCATIs oder MOTO-GUZZIs. I'm loving it!
Und zu dieser faszinierenden Hälfte von farbigem Krach gehört in meinen Augen auch diese seltene rote Schönheit, und an der kann man nun wirklich nicht achtlos vorübergehen:
Was für ein Typ dieses Boot ist: das kann ich nicht sagen. Gebaut wurde sie im Jahr 1953 in Italien, ich vermute, im Umfeld der RIVA-Werft. Das war acht Jahre nach dem II. Weltkrieg, und der Gedanke ist schon sehr tröstlich, dass die Menschen in so kurzer Zeit danach wieder in der Lage waren, sich vom Grauen ab- und den schönen Dingen wieder zuzuwenden. Soweit ich den Eigentümer verstanden habe, ist es ein Boot, das für Rennen auf den Flüssen gebaut worden ist. Sie ist mit unglaublich viel Liebe instand gehalten: Die Armaturen sind noch original und von einer Schönheit, die heute im Design nur noch selten zu finden ist.
Der Eigentümer war so freundlich und öffnete für mich auch die doppelflügelige Motorhaube. Was dann zum Vorschein kommt, bringt selbst hartgesottene Kerle zum Jubeln und Juchzen. Es ist ein wunderbares Beispiel für die herrliche Art von farbigem Krach, den Italiener zu designen in der Lage sind. Es handelt sich bei diesem herrlichen Stück um einen Motor aus dem Jahr 1953, ein Sechszylinder mit für die Zeit sagenhaften 250 PS.
Und wenn der Eigentümer den Anlaßer betätigt, dann klingt das so:
Breites Grinsen auf den Gesichtern aller auf der Pier stehenden Männern, wie von Löwen nach einem üppigem Mahl in der Savanne. (Frauengesichter mit "Was-der-bloß-wieder-hat"- und "Da-ginge-ich-ja-nie-drauf-auf-dieses-rote-Ding"-Blick).
Aber es kommt noch besser, wenn man das Motorgeräusch am Auspuff hört.
Aller-aller-breitestes Grinsen bei allen im Umkreis von 50 Metern stehenden Männern. (Frauen wenden sich mit geschlechtsspezifischen Gesprächsangebot ihren Freundinnen zu.)
Aber ungeachtet aller die Geschlechter bei der Bootsfrage grundsätzlich trennenden Gräben bleibt doch eins: schön ist sie schon, die rote Schönheit. Und Neid kommt bei dieser Art von farbigem Krach auch nicht auf. Sondern Freude, dass Menschen solche Schönheiten pflegen und erhalten und ihre Begeisterung mit anderen teilen.
Bin grade zufällig auf Ihren Blog gestossen und freue mich sehr über die sehr schönen Photos und die interessanten Geschichten!
AntwortenLöschenBin gespannt, was ich hier weiter lesen werde!
Viele Grüße,
Birgit
http://travel-nature-art.blogspot.de
Vielen Dank Thomas! Super-Blog! Höre hier auf 1400 m Höhe in Guatemala so selten italienische Motorboote. Mein Sohn wollte es wieder und wieder hören. Bin ich am falschen Ort?
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