Dienstag, 27. Mai 2014

Der Mensch und seine Sachen: Die Glocken von Venedig

Ich gebe es gerne zu: aber die Glocken von Venedig beschäftigen mich mehr, als ich es zugeben mag. In Sant' Elena, wo Levje gerade liegt, steht dieser Glockenturm, der mich bei meiner Ankunft im Gewitter schon so freundlich begrüßte - siehe das Video in meinem Beitrag unten "Unter Segeln: Von Grado nach Venedig". Aber dieser Glockenturm verblüffte mich: Er hat mehr drauf. Viel mehr. Sonntag Morgen überrascht er mich damit - und so etwas kenne ich eigentlich nur von den englischen Kathedralen, aus Winchester, Durham oder Salisbury.

Venedig habe, so sagt es Julian, Historiker zur Geschichte Venedigs, über 100 Kirchen. Das glaube ich sofort. Denn in dem einzigen Buch, das ich jemals begonnen habe zu schreiben über "Die Kirchen am Starnbergersee" kam ich allein im Umkreis von 2 Kilometern um den See auf fast 50 Kirchen. Es gibt mehr Kirchen, als wir glauben.

Während ich durch die Stadt gehe, höre ich die Glocken Venedigs. Gar nicht so die große Glocke vom Kampanile von San Marco, die längst und prominent ihren Weg in Youtube gefunden hat. Sondern die kleinen haben es mir angetan. Meist ist es eben kein majestätisches Geläut, sondern oft nur das leise Gebimmel einer Glocke, fast wie ein Totenglöckchen, wie ein "Memento-Mori", wie ein "Vanitas-Mundi". Es ist dies, was die Glocken Venedigs ausmacht: ihre Traurigkeit, ihre Melancholie, ihre barocke Mahnung. Und daraus ergibt sich ein wunderschöner Gegensatz, den ich in dieser Art und Weise von keinem Ort der Welt kenne: Unten drängen sich Touristen vor Gucci-Läden und Prada-Stores. (Na? Wer hat draufgeklickt?? ;-)) Und oben drüber, für den, der Hören kann, dann dies - und man beachte bei nachfolgendem Video natürlich die Glocken, aber vor allem den gewaltigen Hintergrund, der sich im Bild bewegt, ein riesiger Haufen Stahl und Glas, der sich vor der Giudecca unter dem wolkenlosen Himmel von rechts nach links bewegt und Venedigs Gemüter entzweit ob der Seefahrt quer durch ihre Stadt. Ein seltener Schnappschuß, der mir da über den Dächern Venedigs gelang.

Memento Mori.


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